Landtagswahlergebnisse im Südwesten: Das Virus hilft den Regierenden
Corona prägt Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Zahl der Briefwähler:innen steigt enorm, doch insgesamt sinkt die Wahlbeteiligung.
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Aber dafür wurden so viele Plakate wie noch nie geklebt, um wenigstens so auf sich aufmerksam zu machen. Der politische Wettbewerb verlagerte sich zugleich ins Internet: Der Straßenwahlkampf fand vor allem auf der Datenautobahn statt. Mit unzähligen digitalen Formaten versuchten die Parteien, ihre potenziellen Wähler:innen zu erreichen, denen sie in der analogen Welt derzeit nicht begegnen können.
Auch der Wahltag in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stand ganz unter dem Eindruck von Corona. In beiden Bundesländern zog eine deutliche Mehrzahl der Wähler:innen die Stimmabgabe im Homeoffice dem sonntäglichen Gang ins Wahllokal vor. „Wir haben eine Rekordbriefwahl“, sagte der rheinland-pfälzische Landeswahlleiter Marcel Hüter der taz. Bei den Kommunalwahlen in Hessen war es nicht anders.
Ersten Prognosen zufolge betrug der Briefwähler:innenanteil in Baden-Württemberg etwa 50 Prozent, in Rheinland-Pfalz sogar etwa 65 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Landtagswahlen 2016 lag der Anteil bei 21 Prozent beziehungsweise 31 Prozent – was damals schon ein Rekord war. Die Wahlbeteiligung war in beiden Ländern deutlich niedriger als bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren: Nach Angaben mehrerer Fernsehsender lag sie zwischen 62,5 und 64,5 Prozent in Baden-Württemberg und bei 64,8 bis 65,0 Prozent in Rheinland-Pfalz. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung in beiden Ländern bei 70,4 Prozent.
Der geringe Andrang in den Wahllokalen entspricht der aktuellen Coronalage. Das Robert-Koch-Institut meldete am Wochenende wieder steigende Infektionszahlen. Mit insgesamt rund 330.250 Fällen liegt Baden-Württemberg hinter Nordrhein-Westfalen und Bayern bundesweit auf dem dritten Platz. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 69 pro 100.000 Einwohner:innen. Mehr als 8.400 Menschen verloren bislang im Ländle ihr Leben im Zusammenhang mit einer Coronavirusinfektion.
Zahl der Corona-Infizierten steigt an
In Rheinland-Pfalz sieht es etwas besser aus. Insgesamt infizierten sich hier rund 106.170 Menschen, 3.210 von ihnen starben. Damit liegt die Zahl der bislang Infizierten unter der des südlichen Nachbarlandes. Die 7-Tage-Inzidenz lag am Wochenende bei 54 – der zweitbeste Wert hinter Schleswig-Holstein.
Corona war das alles dominierende Thema, dass alle landespolitischen Auseinandersetzungen weit in den Hintergrund gerückt hat. Wie das Wahlergebnis anschaulich dokumentiert, hat das maßgeblich jeweils beiden amtierenden Ministerpräsident:innen und ihren Parteien genutzt – trotz der zumindest in Nuancen nicht deckungsgleichen Krisenbewältigungsstrategie.
Bewahrheitet hat sich damit die alte Weisheit, dass eine Krisenzeit die Zeit der Exekutive ist – und da besonders die der Regierungsspitze, also im konkreten Fall die Malu Dreyers in Rheinland-Pfalz und Winfried Kretschmanns in Baden-Württemberg. Das hat es der Opposition, aber auch den kleineren Koalitionspartner:innen schwer gemacht.
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