Landtagswahlen in Brandenburg: Links von der CDU überholt
Rund acht Prozentpunkte verliert die Linke in Brandenburg und wird nur dritte Kraft, denn die AfD hat im ehemaligen SED-Milieu gewildert.

Anhänger der Linken im Angesicht der Wahlergebnisse. Bild: dpa
POTSDAM taz | „Der Linke kann es nicht.“ War ganz schön frech, was Brandenburgs CDU-Spitzenkandidat Michael Schierack dem Frontmann der Linken, Christian Görke, bei einem Fernsehduell des RBB an den Kopf warf. Doch die gut 2,1 Millionen Wahlberechtigte sahen es wohl ähnlich. Nur noch rund 19 Prozent bekam der Koalitionspartner der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke laut Hochrechnung. Bei den Landtagswahlen 2009 waren es noch 27,2 Prozent.
Einige Tage vor der Wahl hatte Christian Görke, 52, ein ehemaliger Sportlehrer, der nun als Finanzminister in Potsdam über den Brandenburger Haushalt wacht, einen Satz gesagt, der seiner Partei nun auf die Füße fallen könnte. „Klar ist, Rot-Rot kann es nur mit einer starken Linken wieder geben.“ Doch die Unentschlossenen, die Görke mit diesem Satz noch mobilisieren wollte, machten ihr Kreuz an einer anderen Stelle – oder sie wählten gar nicht.
Schuld daran ist die AfD. Die Rechtspopulisten, die mit rund 12 Prozent den Einzug in den Potsdamer Landtag schafften, haben auch im ehemaligen SED-Milieu gewildert. Fast ein Viertel derer, die bei den letzten Wahlen die Linke gewählt haben, machten ihr Kreuzchen diesmal bei der AfD. Dort wird zwar soziale Gerechtigkeit großgeschrieben, doch die liberale Asylpolitik der Linkenführung nicht unbedingt gutgeheißen.
Aber auch selbst hat es Christian Görke selten geschafft, Akzente zu setzen. „Görke trifft“ war das Motto einer Wahlkampfveranstaltung in Potsdam, bei dem der Linken-Chef auf eine Torwand zielte. Doch 60 Prozent der Brandenburger kennen ihn nicht oder wollen sich kein Urteil über ihn erlauben. Das war das Ergebnis eines Brandenburg-Trends von infratest-dimap Ende August.
Ungünstiges Personalkarussell
Wenig hilfreich war auch das Personalkarussell bei den Linken. Görke, der erst 2012 Fraktionsvorsitzender geworden war, löste ein Jahr später Helmuth Markov als Finanzminister ab. Markov selbst wurde Justizminister, nachdem der bisherige Amtsinhaber, Volkmar Schöneburg, nach einer Knastaffäre zurücktreten musste. Der SPD wiederum haben zahlreiche Ministerwechsel nicht geschadet.
Beim Wahlkampfabschluss in Potsdam hob Görke vor allem die Erfolge seiner Partei hervor, die in der Koalition mit der SPD, wie er sagt, „der soziale Treibstoff“ sei: „Wir haben als Linke den Rechtsanspruch auf den Kita-Platz wieder realisiert. Wir waren es, die den Betreuungsschlüssel verändert haben, und zwar positiv. Das ist soziale Politik, die die SPD lange für sich reklamiert hat, aber nie umsetzen konnte.“
Doch im Zweifel hielt die Linke der SPD auch den Rücken frei. Dass ihre vier Minister den umstrittenen neuen Braunkohletagebau Welzow-Süd mitgetragen haben, nahmen der Linken viele in der Lausitz übel. 2009 hatte die Partei noch Wahlkampf gegen eine weitere Abbaggerung von Dörfern gemacht.
Leser*innenkommentare
Liberaler2014
Diese AfD ist brandgefährlich: Schaut euch an, was da an extremem Rechtspopulismus im Programm steht:
"Kriminelle Ausländer, die sich nicht an unsere
Rechtsordnung halten, sollen schnell und
konsequent ausgewiesen werden."
"In Europa darf es
keine Armutsmigration geben."
"Das Asylrecht darf nicht zur Zuwanderung in
unsere Sozialsysteme missbraucht werden."
"Wir wollen ... keinen
europäischen Zentralstaat. Nationen und Regionen
gehören zur Identität Europas und müssen in einem
Europa der Zukunft ihren festen Platz haben.
Wir lehnen es ab, unser Grundgesetz gegen eine
EU-Verfassung einzutauschen."
"Besseres Europa statt mehr Europa"
"Wir lehnen Eurobonds und die Vergemeinschaftung
von Schulden in Europa entschieden ab. Jeder
ist für seine Schulden selbst verantwortlich."
"Wir wollen, dass Kompetenzen von der EU auf
die Mitgliedstaaten zurückübertragen werden."
"Kein Türkei-Beitritt"
"Die Abschaffung
des Religionsunterrichts in anderen Ländern
ist ein verhängnisvoller Irrweg. Unsere Schulen
dürfen nicht nur Wissen transportieren, sondern
sie müssen auch Werteerziehung vermitteln. Wir
stehen für Bildung auf Grundlage unserer christlich-abendländischen Wertetradition, für Kruzifi xe
in den Klassenzimmern und für Religionsunterricht
durch Geistliche und Ordensleute in ihrem Habit."
"Die generelle doppelte Staatsbürgerschaft
und die Pläne anderer Parteien für
einen Doppelpass lehnen wir ab."
Komplett nachzulesen hier: http://www.csu.de/common/csu/content/csu/hauptnavigation/bayernplan_2013-07-16.pdf
DJ Boemerang
Wenn Linke-Wähler die Partei für den Braunkohletagebau hätten bestrafen wollen, dann hätte es eine starke Wählerwanderung zu den Grünen geben müssen, da die Grünen in Brandenburg als einzige Partei gegen den Braunkohletagebau ist. Stattdessen gab es eine starke Wanderung zur AfD: (…)“Fast ein Viertel derer, die bei den letzten Wahlen die Linke gewählt haben, machten ihr Kreuzchen diesmal bei der AfD.“(…). Die wiederum hatte sich für den Braunkohletagebau ausgesprochen.
Rainer B.
@DJ Boemerang Das kann ebensogut an einer grundsätzlichen Ablehnung der Grünen liegen, denen prinzipiell mißtraut wird. Die AfD ist da als Neuling noch unbeleckt und saugt Protestwähler aus allen Richtungen auf. Sie wird sich aber schon recht bald selbst entzaubern.
Seppi
So lange Links hauptsächlich "dagegen" heisst, ohne Sinn und Verstand, wird sich das leider auch nicht ändern.
Rainer B.
@Seppi Beim Braunkohletagebau war man ja dann ohne Sinn und Verstand doch dafür. Sowas wird vom Wähler zurecht ganz klar bestraft.