Landraubvorwurf gegen Deutsche Bank: Verschärfte Hungerkrise
Die Deutsche Bank behauptet, keine Geschäfte mit Ackerland zu machen. Entwicklungsorganisationen glauben das nicht und protestieren.
BERLIN taz | Zum Internationalen Tag der Landlosen haben Entwicklungsorganisationen am Dienstag ihre Kritik an den Agrargeschäften deutscher Finanzfirmen bekräftigt. In Berlin protestierte das Inkota-Netzwerk vor der Niederlassung der Deutschen Bank.
Verkleidet als Investmentbanker fielen die AktivistInnen mit Messern über einen Kuchen in Form von Afrika her. Die Deutsche Bank „verschärft mit der Spekulation um fruchtbares Agrarland Konflikte um Land und Wasser”, sagte Evelyn Bahn vom Inkota-Netzwerk.
Auch in Bremen versammelten sich am Nachmittag Kritiker vor der Deutschen Bank, um die Filiale für 24 Stunden zu belagern. Durch Landgrabbing von Investoren aufgekaufte Flächen werden meist zu Lasten der lokalen Versorgung für die Exportproduktion, unter anderem von Biotreibstoffen genutzt.
Die Menschenrechtsorganisation FIAN lastet der DWS, der Fonds-Tocher der Deutschen Bank an, an Agrargeschäften, die auch Landgrabbing beinhalten, beteiligt zu sein. FIAN hatte in einer Studie dazu neun Fonds mit sechs Unternehmensbeteiligungen aufgelistet.
Keinerlei Geschäfte mit Ackerland
Am Montag hatte die DWS jedoch gegenüber der taz erklärt, sich eine Selbstverpflichtung auferlegt zu habe, und keinerlei Geschäft mit Ackerland in Entwicklungsländern zu tätigen. Der Fonds DWS Global Land and Opportunities (GALOF) habe mit der Deutschen Bank Tochter nichts zu tun, sagte ein Unternehmenssprecher. GALOF ist am Besitz mehrerer Millionen Hektar Ackerland vor allem in Afrika und Südamerika beteiligt und soll zweistellige Renditen abwerfen.
Am Dienstag zog DWS diese Darstellung teilweise zurück. Man habe sich aus drei der sechs von FIAN gelisteten Unternehmen in Brasilien und Südostasien – Cosan, Olam und Wilmar –zurückgezogen, sagte ein Unternehmenssprecher der taz. An mindestens einer Firma die Landgeschäfte tätigen, sei DWS allerdings weiterhin beteiligt, nämlich an dem argentinischen Unternehmen Cresud.
Verantwortungsvolle Geschäfte
Dies würden jedoch "verantwortungsvoll" mit den Ackerflächen umgehen. Das von FIAN genannte Unternehmen Bunge aus den USA handele nicht mit Land, sondern mit Nahrungsmitteln. Ob DWS weiter an dem Agrarunternehmen BrasilArgo beteiligt sei, konnte der Sprecher nicht sagen. "Uns ist wichtig, dass Land vornehmlich für die heimische Produktion verwendet wird", so der Sprecher.
Auch die Angaben vom Vortag zum GALOF-Fonds korrigierte DWS. GALOF laufe "verwaltungstechnisch auf der Plattform der Deutschen Bank", hieß es am Dienstag. Die operative Verwaltungwerde sei jedoch an die Duxton Asset Management in Singapur abgegeben worden. "Wir haben keine Weisungsbefugnis." Es handele sich um ein "treuhänderisches Konstrukt". Ob der Deutschen Bank Gruppe Profite aus der Geschäftstätigkeit von DWS GALOF zufließen, konnte der Sprecher nicht sagen.
Die Preise steigen
Markus Henn von der Entwicklungsorganisation WEED wies am Dienstag darauf hin, dass die Deutsche Bank mit einem Investitionsvolumen von schätzungsweise fünf Milliarden US-Dollar an Wetten auf steigende Lebensmittelpreise beteiligt sei. „Das setzt Marksignale für andere Investoren – und die Preise steigen tatsächlich“, sagt Henn.
Ende März hatte die Deutsche Bank erklärt, „in diesem Jahr keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln“ auflegen zu wollen. Die Organisation Foodwatch kritsierte dies als Augenwischerei: „Die bestehenden Produkte werden fortgeführt und verschärfen weiterhin die Hungerkrise in der Welt,“ sagte Matthias Wolfschmidt von Foodwatch. Die Bank lasse zudem offen, ob sie bestehende Fonds aufstocken werde.
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