: Lampen mit intimer Wirkung
■ Technisches aus dem Kaufhaus des Westens, Berlin
KADEWE - NEUNZEHNHUNDERTACHT
In ausgedehntestem Maße wurde naturgemäß im Kaufhaus des Westens von der Verwendung des elektrischen Stromes Gebrauch gemacht. Nicht nur, daß die Beleuchtung in allen neueren Formen des elektrischen Lichtes zu finden ist, auch wo irgendwie Kraft benötigt wurde oder die Handarbeit durch Maschinenkraft ersetzt werden konnte, kam der Elektromotor zur Anwendung. So nahm denn die elektrische Beleuchtungs und Kraftanlage einen sehr großen Umfang an. Von diesem erhält man erst eine richtige Vorstellung, wenn man bedenkt, daß der jährliche Stromverbrauch demjenigen einer Stadt von 100.000 Einwohnern gleichkommt.
Im einzelnen enthält die Lichtanlage ungefähr 5.200 Glühlampen und Metallfadenlampen, 2.700 Nernstlampen, Modell B, 225 Nernstlampen, Modell A, 423 Differential-Bogenlampen, 73 Intensiv-Flammen-Bogenlampen zur Beleuchtung der Schaufenster, 22 Sparbogenlampen und 6 Reinkohlenlampen zur Beleuchtung von Spezialräumen, 90 indirekte Bogenlampen zur Beleuchtung der Bureauräume für den internen Verkehr, 12 Bogenlampen für photographische Zwecke;
die Kraftanlage: 2 Motore zu 60 PS 120 PS für die pneumatische Kassenanlage, 2 Motore zu 20 PS 40 PS für Kompressoren, 2 Motore zusammen 429 PS für Personen- und Lastenfahrstühle, 3 Motore zusammen 15,5 PS für die Kühlanlage, 1 Motor zu 15 PS für die Vakuum-Reiniger-Anlage, 4 Motore, zusammen 5 PS, für Pumpen, 1 Motor zu 1,8 PS zur Bewegung des versenkbaren Gitters am Hauptportal, 1 Motor zu 2 PS für die Werkstatt, 3 Motore, zusammen 6,5 PS, für die Küche, 20 Motore, zusammen 19 PS, für Heizung und Lüftung, insgesamt also 59 Motore mit zusammen 653,8 PS.
(...) Was nun die Art der Beleuchtung angeht, so fällt beim Eintritt durch das Hauptportal zunächst die große Halle ins Auge, welche im Licht von etwa 1.000 Metallfadenlampen erstrahlt; von diesen allein etwa 400 in einer riesigen Kristallkrone als Mittelbeleuchtung zusammengefaßt. Im übrigen wurden im allgemeinen die Verkaufsräume mit Ausnahme des ersten Stockwerkes mit Bogenlampen erhellt, welche durch zahlreiche mit Nernstlampen versehene Wandarme unterstützt werden.
Die in den Verkaufsräumen aufgestellten Glasschränke werden zum großen Teil durch Röhrenlampen erhellt, welche unsichtbar in den Ecken der Schränke angebracht sind und so die Waren aufs beste in die Erscheinung treten lassen.
(...) Die Schaufenster werden in bekannter Weise durch je drei Intensiv-Flammen-Bogenlampen beleuchtet, welche auf Winkel-Eisenschienen mittels Rollen laufen.
Wenn nun noch erwähnt wird, daß diese elektrische Anlage, welche auch den Strom für die Fernsprech- und Feuermeldeanlage liefert, auch zu den kleinsten Verrichtungen herangezogen wird, daß von ihr die Röst- und Wärmeapparate der Küche und die Apparate der Frisierräume gespeist, die Plätteisen der Werkstätten betrieben und das Versenkgitter betrieben wird, so erkennt man, wie sehr der für ein modernes Warenhaus längst unentbehrliche elektrische Strom bis in die kleinsten Zweige des Betriebes Eingang gefunden hat.
(...) Im ganzen Warenhause sind etwa 850 automatisch wirkende Feuermelder montiert. Die im Kaufhaus angebrachten elektrischen Uhren dienen der Regelung des Betriebes und gleichzeitig dem Publikum zur Zeitangabe.
(...) Zur Konservierung der sehr bedeutenden Mengen leicht verderbender Genußmittel für die allen Ansprüchen angepaßte Lebensmittelabteilung und für den Betrieb der Kantinen wie der Erfrischungsräume ist eine umfangreiche Kühl- und Gefrieranlage eingerichtet. In den unter dem Hof IV gelegenen sieben Kellerräumen von zusammen 150 Quadratmeter wird eine Temperatur von +2 bis 7 Grad Celsius erzeugt. Zwei weitere dort gelegene Räume von zusammen 45 Quadratmeter sind für die Aufbewahrung von Wild und Geflügel bestimmt und als Gefrierräume von -4 Grad Celsius vorgesehen. Ferner wurden noch an verschiedenen Stellen im Gebäude Kühlschränke aufgestellt, und zwar in der Lebensmittelabteilung im 2. Stock 6 Stück, bei den Erfrischungsräumen im 1. Stock und dem Zwischenstock 3 Stück, und bei den Kantinen im Keller 1 Stück, welche durch die vom Keller hochgeführten Kälteleitungen gekühlt werden.
Man sieht, daß also in jeder Weise den technischen Fortschritten zum Wohle des Warenhausorganismus ein weites Betätigungsfeld gelassen wurde.
Aus: Leo Colze, „Berliner Warenhäuser“. Nachdruck der Erstausgabe von 1908 bei Fannei & Walz
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