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Länderkoalition nicht ausgeschlossenEsken und Nouripour blinken gen BSW

SPD und Grüne haben Differenzen mit dem BSW. Ihre Parteichefs wollen eine mögliche Kooperation in den Ländern aber den dortigen Verbänden überlassen.

„Die brauchen unseren Rat nicht“: SPD-Chefin Saskia Esken lässt Landesverbänden Kooperation mit BSW offen – Grünen-Chef Nouripour auch Foto: Soeren Stache, dpa

Berlin dpa/taz | SPD-Chefin Saskia Esken und Grünen-Chef Omid Nouripour schließen eine Zusammenarbeit ihrer Parteien mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf Länderebene nicht aus. Mit Ausnahme des klaren Ausschlusses jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD seien Koalitionsentscheidungen „in der Hauptsache Sache der Landesverbände“, sagte Esken im „ZDF Berlin Direkt Sommerinterview“. „Die brauchen da auch unseren Rat nicht. Die werden nach der Wahl angesichts der Konstellation entscheiden.“

In Sachsen, Thüringen und Brandenburg werden im September neue Landtage gewählt.

Nouripour äußerte sich in einem ARD-Format, bei dem er Fragen aus sozialen Medien beantwortete, ähnlich. „Meine Leute entscheiden vor Ort über ihre Koalition, auch über die Frage, was man mit Frau Wagenknechts Partei machen soll.“ Die Unterschiede zwischen Grünen und BSW seien aber sehr groß. „Und die Tatsache, dass Frau Wagenknecht eine außenpolitische Frage wie die Ukraine (…) zur Bedingung erklärt hat für eine Koalition in einem Landtag, zeigt, wie unernst das alles ist.“ Dass die Grünen bei den anstehenden Wahlen in keinen der drei Landtage einziehen, halte er für ausgeschlossen, sagte Nouripour auf eine entsprechende Frage.

Esken nennt Ampel „starke Regierung“

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Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, die zuletzt wieder heftig um Nachbesserungen am Haushaltsentwurf für das kommende Jahr gerungen hatte, bezeichnete Esken als „starke Regierung“. Sie sagte weiter: „Wir führen jetzt eine Regierung an, eine wahrhaft ungewöhnliche und auch nicht einfache Koalition.“ An der erneuten Kandidatur von Olaf Scholz ließ Esken keinen Zweifel. „Olaf Scholz ist unser Kanzler, und er wird auch unser Kanzlerkandidat sein.“

Nouripour wollte sich in dieser Frage nicht festlegen, verteidigte aber die mögliche Aufstellung eines Grünen-Kanzlerkandidaten und bestätigte auch nicht Robert Habeck als wahrscheinlichen Kandidaten. Er lobte ihn und Außenministerin Annalena Baerbock aber. „Die anderen Parteien hätten gerne einen wie Robert Habeck. Wir haben ihn. Das ist ein Riesenprivileg.“ Im ARD-Sommerinterview sagte er über die planmäßig im kommenden Jahr anstehende Bundestagswahl: „Es ist alles noch drin.“

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Grünen-Chef sieht Ampel nur als „Übergangsregierung“

Dass sich an dem zerstrittenen Bild der Ampel noch etwas ändern wird, glaubt Nouripour dagegen nicht mehr. Er erlebe eine „befremdliche Lust an diesem Streit“, sagte er im ARD-Sommerinterview. „Und deshalb werden wir einfach feststellen müssen: Diese Koalition ist eine Übergangskoalition nach der Ära Merkel.“ Man habe viel hinbekommen, etwa der höhere Mindestlohn oder mehr Klimaschutz. „Aber der Streit überlagert alles.“ Das Vertrauen in der Koalition sei an Grenzen gekommen. Deswegen würden die Grünen nun „die Unterscheidbarkeiten deutlicher machen“ und nach vorne schauen.

Den jüngsten Haushaltsstreit nannte Nouripour den „vielleicht sinnlosesten aller Streitereien in dieser Ampel“. Vor allem SPD und FDP hätten hier aber über Kreuz gelegen. Den Willen, Streit leiser zu klären, sehe er aber nicht mehr, so Nouripour. Explizit kritisierte er hier den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der regelmäßig „den Rücktritt von irgendeinem Minister der eigenen Koalition fordert, als hätte er sonst keine Hobbys.“

Mit Blick auf die Diskussion über die Ukraine-Unterstützung warnte Nouripour davor, „zu glauben, dass man mit einem reinen Sparkurs zu mehr Sicherheit kommt“. Alles, was bisher der Ukraine zugesagt worden sei, werde auch auf alle Fälle weiterhin finanziert, versicherte der Grünen-Chef. Deutschland dürfe hier nicht wackeln, das sei kein gutes Signal – „erst recht nicht an die Ukrainer und erst recht nicht an unsere Partnerstaaten, die alle beteiligt sind – die gesamte Nato, die europäischen Staaten“.

Er sei dafür, „dass, wenn die Ukraine Dinge einfordert, wir uns das sehr ergebnisoffen anschauen. Aber ein grundsätzliches Nein an den Anfang zu stellen, verunmöglicht ja die Prüfung von Anfragen der Ukraine.“ Auch im ostdeutschen Landtagswahlkampf gehe es viel um das große Thema Frieden. „Und wir versuchen darzustellen, dass wir die Ukraine unterstützen, weil wir Frieden wollen. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, existiert sie nicht mehr. Wenn die Russen aufhören zu kämpfen, dann gibt es Frieden.“

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14 Kommentare

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  • Ok, wer die Ukraine weiter unterstützen will, dem bleibt also nur noch die CDU, trotz Merz. Schade.

  • Nach dem ZDF Sommerinterview mit Frau Esken dürfte sich die Koalitionsfrage für die SPD erledigt haben. Wer mir so einer verzerrten Selbstwarnehmung auftritt, wird es bei den drei Landtagswahlen wohl kaum schaffen, die 5%-Hürde zu nehmen.

  • Ich finde es braucht auch eine Brandmauer zur Putin-Versteher-Partei BSW.

    • @Rudi Hamm:

      Absolut, ich halte Frau Wagenknecht für brandgefährlich. Sie hat das Charisma, das den Verantwortlichen der AfD zum Glück bisher abgeht. Sie wird allerdings im Unterschied zur AFD von den Medien hofiert.

  • Esken ist super, aber nur für den politischen Gegner.



    Ich glaube die freuen sich über jedes Interview das mit ihr geführt wird.

  • Er hat doch recht. Nicht, dass das allein die SPD wieder wählbar machen würde solange dort Leute wie Esken, Mützenich und Co. weiter fröhlich vor sich hindilettieren.

  • Na vielleicht wird die SPD ja wieder die SPD, die sie einst war - etwas sozialer. Aber sicher nicht mit dem Klingbeil "Es gibt kein Recht auf Faulheit" Hat er 2 x wiederholt, den alten Spruch von Schröder.

  • Ich kann nicht verstehen, wie Grüne und SPD bei der Leistung in der Ampel immer noch so viele Stimmen erhalten sollen.

  • Ach ist das schön. Kaffe trinken, die Taz lesen und dann laut lachen.

    Die Parteien hätten gerne einen Mann wie Robert Habeck.

    Und dann noch Esken mit ihrer Aussage....



    Hahaha

  • Aus meiner Sicht kein Sündenfall, wenn die Parteivorsitzenden von SPD und Grünen auf Länderebene nun gen BSW „blinken“ - wie‘s aussieht, entscheiden sie in Sachsen und Thüringen ohnehin nicht das Spiel, sondern das tun AfD, CDU und BSW.



    Also hätten Esken und Nouripour es auch genauso gut sein lassen können.



    Und was die Milliardenhilfen für die Ukraine betrifft: ein Treiber für den Erfolg von AfD und BSW in Ostdeutschland. Besser also auch da den Mund halten, Herr Nouripour! Zumal die Performance der Ampel auch in dieser Frage derzeit alles andere als überzeugend ist.

    • @Abdurchdiemitte:

      Es ärgert mich gewaltig, wie dumm und geschichtsvergessen einige im Osten anscheinend doch sind: erst konnten sie den Russen nicht schnell genug aus dem Land haben nach der Wiedervereinigung und jetzt wollen sie die Ukraine am liebsten den Russen zum Frass vorwerfen. Mag sein, das es wahltaktisch vielleicht im Osten etwas bringen würde diese beschämende Spiel von BSW und AfD mitzuspielen, nichtsdestotrotz wäre es falsch. Aber wahrscheinlich auch so ein Überbleibsel von SED Diktatur und russischer Besatzung: schön die Fresse halten, bloß nichts sagen und hoffen, dass der Kelch an einem vorbei geht. Sollen es halt die Ukrainer auslöffeln.

      • @Fran Zose:

        Erzählen Sie das lieber der Ost-CDU, denn die scheint ja bereit - in Thüringen und Sachsen -, um der Machtperspektive willen sich einer der beiden Varianten von Putin-Trollen an den Hals werfen zu wollen.

      • @Fran Zose:

        Den Zorn über das zu erwartende miserable Abschneiden der SPD bei den Wähler im Osten auf verunglimpfende Art und Weise abzuladen scheint mir nicht sonderlich schlau. Vielleicht solltest sich der Ärger lieber Richtung Bundes-SPD richten?

  • Naja - da müssen die beiden erstmal in die Länderparlamente kommen