Länder werden zur Bad Bank: Teure Lösung
Faule Kredite der HSH Nordbank übernehmen die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Dann soll die Staatsbank privatisiert werden.
Die beiden Bundesländer – denen die Bank zu über 85 Prozent gehört – haben sich mit der EU-Kommission auf den Umbau der seit der internationalen Finanzkrise ums Überleben kämpfenden Bank geeinigt. Demnach sollen die Länder die HSH zunächst von faulen Krediten in einer Größenordnung von 6,2 Milliarden Euro entlasten.
Es dürfte ein einmaliger Fall in der deutschen Wirtschaftsgeschichte sein, dass Bundesländer als Bad Bank milliardenschwere faule Kredite übernehmen. In einem zweiten Schritt soll die so teilsanierte Nordbank bis 2018 privatisiert werden. Im Gegenzug akzeptiert die EU-Kommission die bereits 2013 von Hamburg und Kiel aufgestockte Garantie der Länder über 10 Milliarden Euro.
Unklar ist, wie viel Geld die Länder die Sache kosten wird. Wie hoch die Verluste ausfallen werden, entscheidet sich erst 2018, wenn die Bank verkauft wird. Möglicherweise an eine andere öffentliche Landesbank.
Mit hoch riskanten Finanzierungen von Containerfrachtern hatten sich frühere Vorstände der HSH verzockt. Durch den Ausbruch der Schiffsfahrtskrise 2008 sind viele dieser Kredite heute wenig wert. Dabei wollte man am Gerhart-Hauptmann-Platz einst hoch hinaus. Der US-amerikanische Finanzinvestor J. C. Flowers wurde 2006 als Anteilseigner an Bord geholt. Ein Börsengang war geplant. Später musste sich zum ersten Mal in Deutschland ein kompletter ehemaliger Bankvorstand wegen seiner Geschäfte vor Gericht verantworten. Viele Schuldfragen blieben jedoch unbeantwortet.
24 Monate für die Privatisierung
Vor allem der nach Ausbruch der Krise zum Vorstandsvorsitzenden berufene Dirk Jens Nonnenmacher wurde Gegenstand von Negativschlagzeilen: „Dr. No“ soll einen weiteren Katastrophendeal genehmigt haben; informierte die Bankenaufsicht Bafin über ein hoch riskantes Wertpapiergeschäft erst gar nicht und verteilte 21 Millionen Euro als Halteprämie an Manager. Im Sommer einigte sich die HSH mit der Staatsanwaltschaft Köln auf eine Zahlung von mehreren Millionen Euro Bußgeld wegen Steuerhinterziehung.
Noch handelt es sich bei der nun gefundenen Lösung um eine „informelle Verständigung“, sagt EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Im Frühjahr 2016 dürfte die EU-Kommission den Deal mit „deutschen Behörden“ verbindlich absegnen. Die Bundesländer haben dann 24 Monate Zeit, die HSH Nordbank zu privatisieren. Mit einer Zustimmung der beiden Landesparlamente für die Abwicklung auf Raten ist zu rechnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“