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Lacoste hat Angst ums ImageNie mehr 2083

Die französische Modefirma Lacoste will den Oslo-Attentäter Anders Behring Breivik endlich loswerden. Experten streiten, ob das funktionieren kann.

Kleidet sich gerne in Lacoste: Oslo-Attentäter Anders Behring Breivik (in einem Modell in rot). Bild: reuters

STOCKHOLM taz | Ob es denn nicht möglich sei, dass Anders Behring Breivik etwas anderes als seinen roten Lacoste-Pullover anhabe, wenn er unterwegs zu den Verhören sei und dabei regelmäßig von Fotografen abgelichtet wird? Mit diesem Ansinnen soll die französische Modefirma mit dem Kroko-Label bei der Polizei in Oslo vorstellig geworden sein, berichtet die Tageszeitung Dagbladet.

Der norwegische Terrorist hat eine nicht zu übersehende Vorliebe für diese Marke und offenbar mehrere Exemplare im Schrank. Mit einem schwarzen Pullover präsentierte er sich schon auf den passend zu den Anschlägen publizierten PR-Fotos seines Facebook-Accounts. Und in einem Selbstinterview seines "Manifests" erläutert er, mit solcher Marke könne man "als gut ausgebildeter Europäer konservativen Charakters auftreten" und den Grad möglichen Misstrauens beispielsweise bei Sicherheitsbeamten senken.

Den genauen Inhalt des Lacoste-Vorstoßes bei der Polizei will Staatsanwalt Christian Hatlo nicht öffentlich machen. Dass es diesen gibt, bestätigt er aber. Bei Lacoste selbst wiederholt man nur eine schon im Juli abgegebene Stellungnahme und drückt Mitgefühl für die Opfer der Anschläge aus. Auch der norwegische Lacoste-Importeur Øisten Gulbrandsen möchte die Lacoste-Initiative nicht weiter kommentieren, sondern wünscht sich, man solle damit aufhören, sich mit Breiviks Kleiderwahl zu beschäftigen.

Für "desperat" hielte der PR-Experte Karl Fredrik Tangen von der Handelshochschule Oslo jeden Versuch von Lacoste, Ansichten über Breiviks Kleidung zu verbreiten. Abgesehen davon, dass das wohl wenig Erfolgsaussichten verspräche. Seine Einschätzung, die Marke werde von den fraglichen Fotos nicht negativ beeinflusst, teilt sein schwedischer Kollege Niklas Olovzon nicht: "Auf das Branding kann das schon negative Auswirkungen haben." Das auf den Fotos gut sichtbare Label hätten viele, wenn auch nur unbewusst, registriert. Das könne sich bei Konsumenten in der Netzhaut einbrennen und auf ihre Kaufentscheidungen auswirken. Es werde interessant sein, die Sache zu verfolgen.

Falls Lacoste aktuell Werbekampagnen plane, sollte man die lieber verschieben, empfiehlt Olovzon. Und die martialische mit dem Titel "Lacoste Future 2083" nicht wiederholen: "2083 - Eine europäische Unabhängigkeitserklärung" lautete der Titel von Breiviks "Manifest".

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6 Kommentare

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  • HB
    H. Bauer

    Naja,

     

    für die Marke ist das sicherlich keine possitive ausstrahlung aber sie haben durch ihr Handeln ja selbst mit die verbreitung angeheitzt.

     

    Und das kleine Lacoste Logo ist ja nun wirklich nicht die Welt. Da gibt es andere Kleidungsstücke von diversen Modefirmen die in der Tat mit großen Logos überseht sind und beinahe einer Litfaßsäule gleichen.

    Lacoste hat zwar durchaus einen sehr hohen Preis der natürlich nur wenig gerechtfertigt ist (wie bei andern Marken eben auch) wird aber das die Zielgruppe sowieso durchweg Personen mit "kapitalistischen Gedankengut" oder gar "militanten Anhänger" (wie es so schön genannt wurde) sind ist, ist falsch. Das Image hat die Firma doch nur aufgrund des hohen Preises und dem Logo mit hohem wiedererkennungswert bekommen.Aber das die Marke tatsächlich noch einen gewissen Teil der Kleidungsstücke (Polohemden?)in Frankreich bei Troyes herstellen lässt wird dabei nahezu immer vergessen.

    Naja jedem das seine...

     

    Aber ich bin sowieso für den Kauf gebrauchter Kleidung^^

     

    Gruß

  • M
    Mat

    Danke für den Hinweis. Wenn Lacoste mich jetzt nicht selber darauf aufmerksam gemacht hätte, hätte ich gar nicht mitbekommen. Ich werde mir keine Klamotten von Lacoste mehr kaufen.

  • Y
    Yadgar

    Ach du meine Güte... und weil Hitler für Richard Wagner und Caspar David(!) Friedrich schwärmte, müssen jetzt natürlich alle Opernhäuser Wagner aus ihrem Spielplan streichen, ebenso alle Bilder besagten Malers in Archivkellern verschwinden, wir müssen außerdem ein Schnäuzerverbot einführen, da man Stalin bekanntlich nie ohne Pornobalken sah, kurz, wir müssen alles ausmerzen, was in irgendeiner Forum an böse Menschen in Gegenwart und Vergangenheit erinnern könnte... bleibt da überhaupt noch was übrig? Ich fürchte nein... mal wieder ein klarer Fall von magischem Ersatzhandeln!

  • P
    penns

    ich meine, damit muessen die kapitalisten mit dem krokodil logo eben jetzt leben. die ganzen szeneschnösel (auf der suche nach der szene) werden sich weiterhin diesen albernen stuff (mit dem geld von den ellis) kaufen.

    vorschlag an die industrie: macht uns nicht alle zu litfasssaeulen!

  • L
    Lacosteschnecke

    Ist doch ein guter Werbegag:

     

    Die militanten Anhänger der abendländischen Leitkultur finden den Massenmord des Mr. F***brei ja in Ordnung und werden gerne Lacoste kaufen.

  • UI
    ums Image

    Der Chef von Siemens hatte mal seine Rolex wegretuschieren lassen.

     

    Nachvollziehen kann man das Anliegen Lacostes schon.

    Man könnte ja andere Logos einblenden oder es wegretuschieren. Bei einheitlichen Farben ohne Motive sollte das keinen relevanten Aufwand machen.

     

    In dem Zusammenhang wäre die Idee interessant, bei Sportlern die Logos wegzumachen wie es die taz schon tut, aber bei Merkel und Rösler usw. die 10-20 größten Spender als Pseudologo auf dem Revers oder im Hintergrund einzublenden. Wer Merkel spendet, will sicher auch auf jedem Foto (wo sie mal wieder neue Schulden macht oder Sozial-Leistungen kürzt) mit ihr in Verbindung gebracht werden. Die Sponsoren unserer Politik müssen einen gebührenden Platz in der Berichterstattung kriegen. Wenn Lobbyisten und Redenschreiber und Dr-Arbeiten-Schreiber und Schuldenmacher-Thinktank-Ideen-Geber schon leider im Darkroom bleiben müssen.

    Wer Sarrazins Geld nimmt, soll ruhig sein Bild oder Namen auf seinen Fotos als Logo sehen dürfen. Verantwortung muss sichtbar werden. Immer und überall (wo geht)