LNG-Vereinbarung zwischen EU und USA: Viel Luft im Flüssiggasplan

Wenig konkret und schlecht fürs Klima: Die LNG-Vereinbarung der EU-Kommission mit den USA stößt auf breite Kritik.

Silbernes schneebedecktes Rohr für den Transfer von Flüssiggas

Transferrohre für Flüssiggas in Maryland Foto: Gary Cameron/reuters

BRÜSSEL taz | Kurzsichtig, skandalös und klimaschädlich: Der Deal zwischen der EU-Kommission in Brüssel und dem Weißen Haus in Washington zur Lieferung von Flüssiggas (LNG) aus den USA stößt auf viel Kritik. Klimaschützer fürchten eine Abkehr vom „European Green Deal“, Energieexperten warnen vor leeren Versprechen, die die EU teuer zu stehen kämen.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden hatten am Freitag in Brüssel eine „gemeinsame Erklärung zur Sicherheit der europäischen Energieversorgung“ abgegeben. Darin zeigten sie sich „entschlossen, die Abhängigkeit Europas von russischer Energie zu verringern“ – und mehr LNG für den EU-Markt zu besorgen.

Versprochen werden 15 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas noch in diesem Jahr. Langfristig soll die Menge sogar auf 50 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen. Damit könnte nach Angaben der EU-Kommission ein Drittel der bisherigen Gasimporte aus Russland ersetzt werden. Doch der Deal, den von der Leyen ankündigte, ist ausgesprochen vage.

Die USA würden „sich bemühen“, zusätzliche Mengen zu liefern, heißt es in der Erklärung – „in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern“. Doch was heißt das in der Praxis? Ein US-Experte erklärte, dass es nicht vorrangig um US-Gas gehe. Vielmehr werde man versuchen, für Asien vorgesehene Lieferungen aus unterschiedlichen Ländern nach Europa umzuleiten.

Hat sich von der Leyen also über den Tisch ziehen lassen? Die EU-Kommission weist das zurück. Es gehe nicht nur um kurzfristige Lieferungen, sondern auch um langfristige Investitionen in die LNG-Infrastruktur. Die werden auch nötig sein: So verfügt Deutschland nicht einmal über ein LNG-Terminal.

Wer die Investitionen bezahlen soll, bleibt unklar. Auch der Lieferpreis wird nicht geklärt. In der Vereinbarung ist von „langfristigen Marktgrunddaten“ und „der Stabilität der Zusammenarbeit auf der Nachfrage- und Angebotsseite“ die Rede.

Und wo bleibt der Klimaschutz? Man werde „Anstrengungen unternehmen, um die Treib­hausgasintensität aller neuen LNG-Infrastrukturen und der mit diesen verbundenen Pipelines zu verringern“, heißt es in der Vereinbarung. Dazu soll „die Nutzung sauberer Energie für den Betrieb vor Ort“ ebenso beitragen wie der „Bau einer sauberen und erneuerbaren wasserstoffbereiten Infrastruktur“.

Klimaschützer sprechen von Skandal

Doch aus Sicht von Klimaschützern reicht das nicht. Die Vereinbarung sei „kurzsichtig“ und trage nicht zur Förderung sauberer Energie und zur Senkung des Energieverbrauchs bei, sagt Raphael Hanoteaux vom klimapolitischen Thinktank E3G in Brüssel. Der Ausbau der LNG-Technologie sei genau das falsche Signal.

Noch härter fällt das Urteil der Klimaschützer von CAN Europe aus. Der LNG-Deal sei „ein Skandal“, der die Klimaziele gefährde, meint Esther Bollendorff, die als Gasexpertin für CAN Europa arbeitet. Es sei extrem ärgerlich, dass die EU russisches Erdgas durch Frackinggas aus den USA ersetzen wolle, statt sich endlich um mehr Energieeffizienz zu kümmern.

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