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LINKE LINKEFraktion feuert Geschäftsführer

Ab 1. Juli freigestellt ist Leo Schmitt: Der hatte Unregelmäßigkeiten bei der Kür der Linkspartei-KandidatInnen offen gelegt - und Klaus-Rainer Rupp schwer belastet.

Leo Schmidt muss einpacken. Bild: jpb

Der Machtkampf innerhalb der Bremer Linkspartei geht weiter. Am Freitag hat die Fraktion ihren Geschäftsführer vom 1. Juli an "freigestellt", Ende September läuft sein Vertrag aus. Dem Rauswurf vorausgegangen waren tagelange erbitterte Auseinandersetzung über die Frage, ob es stimmt, dass über den massiven Eintritt von Kurden aus dem Umkreis des Birati-Vereins die Kandidatenaufstellung auf der Mitgliederversammlung manipuliert worden sei. Eine politisch unbekannte Birati-Kandidatin war im Gegenzug vorn auf der Liste platziert worden, wegen der Stimmverluste der Linken aber nicht in die Bürgerschaft gekommen.

Die Auseinandersetzungen um den Fraktionsgeschäftsführer haben sich in den letzten Wochen zugespitzt - nicht allerdings wegen seiner Fraktionsarbeit. Leo Schmitt war als Parteimitglied in die Revisionskommission gewählt worden. In dieser Eigenschaft muss er die Parteifinanzen überprüfen.

Der Abschlussbericht für 2010 liegt noch nicht vor, angeblich fehlen 25.000 Euro in der Kasse. Vor allem befassen sich die Revisoren mit der Frage, ob die rund 45 Kurden, die im Herbst 2010 in die Linke eingetreten sind, Mitgliedsbeiträge bezahlen und wenn ja wie viel.

In den Kreisverbänden sind die meisten nämlich nicht angekommen, ihr Interesse an der Partei ist ungefähr gleich null, nachdem ihre Birati-Kandidatin nicht in die Bürgerschaft kam. Klaus-Rainer Rupp, der offensiv um Neueintritte von Kurden geworben hatte, hat damals gesagt: "Geld spielt keine Rolle."

Den Überblick über die Mietgliedszahlungen müsste die Landesschatzmeisterin haben - Birgit Mentz. Sie gibt die Informationen aber nicht heraus. Kritiker sehen da eine familiäre Achse: Mentz ist die Frau von Rupp und arbeitet halbtags in seiner Firma. Auf der Internetseite der Linkspartei verrät sie: "Mitglied der Partei seit 14. 9. 1981". Da es damals die Partei "Die Linke" noch nicht gab und sie in Suhl lebte, scheint damit die SED gemeint zu sein. Rupp war lange Jahre DKP-Spitzenkandidat.

Zwei Feststellungen des Landesgeschäftsführers Leo Schmitt sind es, die die Parteimehrheit ärgern: Ohne die Birati-Stimmen hätten Klaus-Rainer Rupp und Claudia Bernhard, die Lebensgefährtin des Linke-Sprechers Christoph Spehr, ihre guten Listenplätze nicht bekommen (taz 19. 1. 2011). Und zweitens: "Einigen geht es nur um Macht und um Geld." Politische Auseinandersetzungen um die richtige politische Linie jedenfalls spielen in dem internen Streit der Linkspartei keine große Rolle. Die frühere Abgeordnete Inga Nitz hat in ihrer Austrittserklärung von " Beutegruppen" gesprochen und formuliert, die Zustände innerhalb der Partei seien "weitaus schlimmer" als die "Vorstellungskraft altgedienter Journalisten" reiche.

Da sein Vertrag bis Ende September läuft, bekommt Schmitt sein volles Gehalt auch nach dem 1. Juli noch. "Ich mache mir einen schönen Lenz diese drei Monate", erklärte er. Mitglieder wollten ihm gestern in der Fraktionssitzung einen Blumenstrauß zum Dank für seine Arbeit überreichen. Er bat sie, das zu unterlassen, damit nicht noch mehr Bitternis aufkommt.

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3 Kommentare

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  • R
    rolfmueller

    Für mich steht dieser taz-Bericht an der Grenze zum Rassismus.

     

    Was will man eigentlich? Sollen sich Leute mit Migrationshintergrund nun integrieren oder nicht? Und für wie viele Generationen müssen sich die Integrierten dann noch irgendwelche Zuordnungen gefallen lassen, anstatt einfach nur als Mitmenschen akzeptiert zu werden?

     

    Ich finde es sehr gut und wichtig, dass die LInke in Bremen auf die "Kurden" zugegangen ist und sie für ihre Politik gewonnen hat. Dass das von unzufriedenen Parteimitgliedern diskreditiert wird, fällt auf diese selbst zurück.

     

    Dass die taz aber schnell dabei ist, wenn Stimmung gegen Kurden gemacht wird, fällt mir immer wieder auf.

  • L
    linkslinker

    Ein paar Fragen, die mal zu recherchieren gewesen wären, dann aber eventuell doch nur den Flow gestört hätten:

     

    # wieso sollte eine Partei ihre Mitglieder nach ethnischen Kriterien katalogisieren? Türke, Kurde, Kraut&Rübenpreuße oder doch Saarländer? Wir sprechen hier nicht von einer Burschenschaft oder der NPD. Auf der Aufstellungsversammlung wurden aber - so will es das Gesetz - Personalausweise kontrolliert; Personalausweise der Bundesrepublik Deutschland.

    # woher nehmen die Herren Revisoren eigentlich das Talent, aus irgendwelchen migrantisch anmutenden Nachnamen auf eine Vereinszugehörigkeit zu folgern? Haben die Herren Revisoren auch noch direkt die Mitgliederlisten von Birati e.V. ähhhm beschafft? Nein, eher nicht. Also: Woran erkennt man als eingefleischter Revisor einen "Birati-Kurden" würde er schwarz auf weiß auf einer Liste auftauchen?

    # hat sich Leo Schmitt im WK-Artikel vom 8. Juni durchaus in seiner Funktion als Fraktionsgeschäftsführer geäußert und zitieren lassen. Von Revisionstätigkeit und haupt-komissarischer Fahndung nach "Birati-Kurden"-Beitragstreue war da überhaupt keine Rede.

    # "in den Kreisverbänden sind die meisten [Mitgliedsbeiträge] nicht angekommen"? Woher will Leo Schmitt das wissen, so ganz ohne Finanzbericht und bei einem "SED-Mitglied" Menz, die vorgeblich die Zahlen nicht rausrückt? Was denn nun: Gehts um solide Finanzprüfung oder schnelle Presse?

    # wo der besagte Ex-Fraktionsgeschäftsführer und Menschenfreund auf dem letzten Parteitag von "solidarischem Umgang" schwadronierte, war das der bisher größte Witz des angebrochenen Jahres. Noch lustiger als eine völlig unbekannte "Birati-Kurdin" auf Linkspartei-Listenplatz Sieben sogar. Die, so will es das Gesetz, bei der CDU mit ihren Personenstimmen übrigens locker auf Platz 8 reüssiert und damit knapp hinter Plattdüütsch-Imhoff aber klar vor Plakate-Rohmeyer ein Mandat ergattert hätte.

    # soll er sich seinen Lenz machen. Hat niemand was gegen, erst recht keine "Parteimehrheit".

  • K
    kamei

    Eine wohl längst fällige Konsequenz nach den wiederholten Illoyalitäten des Fraktionsgeschäftsführers der Bremer Linken. Hier hat offensichtlich ein Angestellter in dreister Weise seine Kompetenzen überschritten. Und wie ich hörte, soll die Entscheidung der Fraktion einstimmig gefallen sein. Selbst Peter Erlanson mochte wohl den Unterstellungen seines Intimus nicht länger folgen, kursieren parteiintern doch längst Papiere, aus denen hervorgeht, nach denen sich Schmitt illegal Zugang zu Mitgliederdaten verschafft haben soll.