LED-Lampen stören Insekten: Ökologische Falle im Garten
Auch am Boden lebende Insekten werden von nächtlicher Beleuchtung beeinträchtigt. Lichtverschmutzung trägt zum Artensterben bei.
Leuchtdioden, kurz LEDs, sind sparsam und deutlich langlebiger als herkömmliche Lampen. Doch preiswertes Licht sorgt nicht etwa für Energieeinsparungen, sondern für mehr Licht. Ihr hoher Anteil an blauem Licht trägt maßgeblich zur Lichtverschmutzung bei. Wissenschaftler um Professorin Jana Eccard vom Institut für Biologie und Biochemie an der Universität Potsdam wollten herausfinden, inwieweit LED-Beleuchtung die Artenzusammensetzung und die Populationsgröße am Boden lebender Insekten verändert.
Denn LEDs finden den Weg in immer entlegenere Winkel der Erde, wo sie die Nacht zum Tag machen. Selbst netzferne Regionen sind aufgrund solarbetriebener LEDs vor der Umweltverschmutzung durch Licht nicht mehr sicher. Nach Messungen des US-Satelliten Suomi NPP, ein Wetter- und Umweltsatellit der Nasa, nehmen beleuchtete Flächen weltweit jedes Jahr zwischen 5 und 6 Prozent zu. Die tatsächliche Zunahme dürfte jedoch weitaus höher liegen, da die Messgeräte blaues Licht nicht vollständig lokalisieren.
Vor allem Insekten sind von der Dauerbeleuchtung stark beeinträchtigt. Viele Arten sind mit lichtsensiblen Proteinen in den Augen ausgestattet. Die Population etwa von Bienen und Schmetterlingen hat in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen. Allein in Deutschland ging die Zahl von Fluginsekten in den vergangenen 27 Jahren um mehr als 75 Prozent zurück, warnten Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden bereits im Oktober 2017.
Neben intensiver Landwirtschaft gilt die zunehmende Lichtverschmutzung auch als eine mögliche Ursache dafür. Milliarden fliegende, nachtaktive Insekten werden von künstlichen Lichtquellen angezogen und verbrennen an heißen Straßenlaternen, werden von Fressfeinden in der näheren Umgebung der Lampe gefressen oder sterben vor Erschöpfung.
Wie aber verhält es sich mit am Boden lebenden Insekten? Wissenschaftler der Universität Potsdam und des Fraunhofer Instituts für Plasmaforschung Greifswald gingen dieser Frage nach. Kürzlich stellten sie eine Studie vor, die den Einfluss von Gartenbeleuchtung auf Bodenkäfer untersucht. Bodenkäfer werden oft zur ökologischen Bewertung eines Biotops herangezogen, da sie besonders sensibel auf veränderte Umweltbedingungen reagieren.
Dunkle Flecken
Die Studie wurde in der Biologischen Forschungsstation Gülpe im Naturpark Westhavelland durchgeführt. Der dünn besiedelte Landstrich gilt als eine der am wenigsten künstlich beleuchteten Regionen in Deutschland. Nirgendwo sonst in der Republik ist der Nachthimmel bei klarem Wetter so reich an Sternen – ein Magnet für Sternenfreunde und Hobbyastronomen. Im Februar 2014 wurde die Landschaft von der International Dark Sky Association (IDA) zum ersten deutschen Sternenpark erklärt.
Verwendet wurden handelsübliche, solarbetriebene LED-Gartenlampen, die heute in fast keinem Garten mehr fehlen. Solarmodule laden die Akkus tagsüber auf und integrierte Sensoren schalten die Lampen bei Dunkelheit automatisch ein. Ihr kaltweißes Licht mit einem hohen Blauanteil ist für Insekten besonders attraktiv.
Die Mehrheit der beobachteten Bodeninsekten gehörte zu der großen Familie der Laufkäfer. Aber auch Gliederfüßler und Aaskäfer wurden in die Studie mit einbezogen.
In ihrer Studie konnten die Biologen zeigen, dass es grundsätzlich zwei Reaktionen auf Licht gibt: Tagaktive Arten werden von den Lampen angezogen, was eine Ansammlung dieser Käfer in Reichweite der Beleuchtung zur Folge hat. Damit bringen sich die mehrheitlich räuberisch lebenden Käfer in Gefahr, selbst Beute etwa von Spinnen, Ameisen, Lurchen oder von Fledermäusen und Vögeln zu werden.
Fortpflanzung eingeschränkt
Nachtaktive Arten hingegen stellen unter Beleuchtung sämtliche Aktivitäten ein, was sie zu einer leichten Beute für Fressfeinde macht. Auch fehlt ihnen die Zeit für Nahrungssuche und Fortpflanzung, da sie das vorgegaukelte Tageslicht regungslos macht.
„Künstliches Licht kann daher Arten begünstigen, die ihre Aktivität in die Nacht ausdehnen können, während streng nachtaktive Arten ihre zeitliche Nische verlieren können“, verrät die Studie.
Ob tag- oder nachtaktiv, für Insekten ist künstliches Licht eine ökologische Falle, selbst wenn sie von der Beleuchtung begünstigt werden. Evolutionär gewachsene Artengemeinschaften ändern ihr Verhalten. Das Räuber-Beute-Verhältnis verschiebt sich, was sich auch auf andere Arten in der Nahrungskette auswirken kann. Viele Laufkäferarten gelten bereits als stark gefährdet und stehen unter Artenschutz.
Im Verlauf des Experiments nahm die nächtliche Ansammlung von Käfern in beleuchteten Bereichen zu, was darauf hindeutet, dass auch Käfer fern der Lichtquelle angezogen wurden. Die Wanderung der Käfer hin zum Licht kann oft Tage dauern. „Einzelne Individuen wurden aus einer Entfernung von 80 Metern angezogen“, so die Studie. Daher gefährden dauerhaft installierte Lampen auch Bereiche außerhalb ihrer Reichweite. Tagaktive Arten fehlen dann in unbeleuchteten Bereichen, wo sie wichtige ökologische Funktionen übernehmen.
Schmuckleuchten ausschalten
Jana Eccard empfiehlt: „LEDs sollten mit Umsicht eingesetzt werden, um Irritationen von Nachttieren zu vermeiden. Insbesondere Schmuckleuchten sollten vor dem Zubettgehen ausgeschaltet werden, um die Natur nicht unnötig zu belasten.“
Die Studie empfiehlt den Herstellern von LEDs, die Farbtemperatur der Leuchtdioden hin zu warmweißen Werten zu ändern, was von Menschen als angenehmer empfunden wird und für Insekten weniger attraktiv ist. Zudem sollte ein verantwortungsvolles Lichtmanagement, etwa bei der Neugestaltung von Wohngebieten, auch Naturschützer einbeziehen und unnötige oder zu grelle Beleuchtung vermeiden.
Für Gartenfreunde gilt: Wer sich vor allzu vielen Krabbeltieren in seinem Garten fürchtet, der schalte doch bitte das Licht aus, wenn er geht! Das sollten aber auch Gartenbesitzer tun, die Insekten etwas Gutes zukommen lassen wollen. Die Natur und nicht zuletzt der eigene Garten werden es danken.
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