Kutipps zum Wochenend

Der neue Mensch wird kommen. Das steht fest, seit sich die Feuilletons (unter anderem von FAZ und Spiegel) den Naturwissenschaften und der sich abzeichnenden Verschmelzung von Mikrotechnologie und Bio-Design zuwenden. Doch wie wird der neue Mensch aussehen? Wird er Ähnlichkeit mit HAL haben? Oder mit Data? Mit dem Androiden Rudger Hauer oder mit Lieutenant Ripley? Oder sind Sigmund Marx und Jenny Cake (wer auch immer das sein mag) das ideale Pärchen aus der nahen Zukunft der Mensch-Maschinen und der Schachcomputer, die ganz nebenbei auch noch die Hausarbeit erledigen?

Das sind Fragen über Fragen, auf die unsere gute alte Kultur keine Antworten hat. Seit Jahren schon haben wir auf allen Kanälen der modernen Bürokommunikation (Telefon, Fax, E-Mail und so) darauf aufmerksam gemacht. Doch das war vergeblich. Jetzt schreien Midlife-Chrysler aus Feuilletons und Politik-Redaktionen, die an unserer guten alten Kultur müde geworden sind: „Ho ho, ihr verschlaft die Revolution!“ „He he, unsere gute alte Kultur hat so gar nichts zu sagen zum aktuellen Weltgeschehen!“ „Hö hö, seid nicht mehr rückwärtsgewandt, sondern schaut nach vorne, in die Zukunft, denn die ist in all ihrer wunderbaren Größe gerade eben angebrochen.“

Es gibt da die fiese alte Erfahrung von den Vätern, deren eigene Kinder plötzlich schlagfertig-schlauer sind und besser Fußball und Klavier spielen können als sie selbst. Da wollen die 40-Somethings aus den Redaktionen sich wenigstens nicht noch vom neuen Menschen überraschen lassen. Aber das ist nur so eine Randbemerkung.

Denn neuerdings werden so viele unserer guten alten Kulturschaffenden zu Professoren ernannt. Dr. Klaus Pierwoß (Bremer Theater), Dr. Jörn Christiansen (Focke-Museum), Dr. Hans-Joachim Manske (Städtische Galerie) und Dr. Thomas Deecke (Weserburg) sind schon berufen. Weitere werden folgen. Denn wir meinen: Da steckt System dahinter.

Kurz bevor der neue Mensch kommt, weihen unsere guten alten Bildungsinstitutionen noch unsere guten alten Kulturschaffenden. Das liegt an den guten alten Traditionen der Verantwortlichen in den guten alten Bildungsinstitutionen. Denn sie glauben, dass auch der neue Mensch und die Schachcomputer, die ganz nebenbei die Hausarbeit erledigen, genauso sind wie die alten: Sie werden mühsam lernen müssen, eine Straße zu überqueren, und ehrenwerten Amtspersonen in akademischen Graden Respekt erweisen. Fortsetzung folgt. taz