Kulturpolitik etc.: Marktfähig
■ Das Kasperletheater ist vorbei: Christa Thoben ist Berlins neue Kultursenatorin
Das dramaturgische Vorbild für die Wahl der neuen Berliner Kultursenatorin dürfte im Kasperletheater zu finden sein: Dort zählt die Überraschung bekanntlich als größter Coup. Und auch das Publikum glaubte ja eine Zeitlang, als Mitspieler gefragt zu sein. Begeistert rief es „Ja!“ als der Name von Wolf Lepenies durch den Vorhang drang, der als Autor selbst ein Kulturproduzent und ausgewiesen in der Leitung wissenschaftlicher Institutionen ist. Doch stattdessen betrat jetzt Christa Thoben (CDU) die Bühne. Regie führten die Logik von Parteiinteressen, Quotenregelung und die Tatsache, dass kein anderes Ressort seine Finanzlücken und konzeptionellen Defizite so offen vor sich her trug. Karriere macht man als Kultursenator in Berlin nicht.
Angesichts dieser Voraussetzungen, so signalisieren die ersten vorsichtigen Kommentare, könne man über die Nominierung von Christa Thoben noch froh sein. Ihr Ruf als durchsetzungsfähige und angstlose Pragmatikerin könnte die Berliner Kulturpolitik, die zu einem beliebten Terrain für Hauptstadtglossen geworden ist, wieder aus dem Bereich der Schönfärberei zurückholen. In ihrer Zeit als Umzugsbeauftragte des Bundesbauministeriums hat sie die blinden Flecken im Selbstbewusstsein der Stadt kennen gelernt.
Das wird sich beim Einstieg in die Kultur, die bisher nicht zu den Fächern der Volkswirtin gehörte, zumindest als nützlich erweisen, um den Blick über den umfangreichen Katalog der Probleme hinauszuheben und ein Ziel für die Kulturpolitik ins Auge zu fassen: Wird sie weiter in erster Linie als Standortfaktor und Stadtmarketing betrieben, die ihre Subventionen an der Marktfähigkeit des Produktes misst? Oder engagiert sie sich für Freiräume jenseits der Hauptstadtwerbung?
Kathrin Bettina Müller
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