■ Kommentar: Kulturkampf
Daß Sparen auch Umverteilen von unten nach oben heißen kann, wissen nicht nur die Linken. Wenn der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Liepelt Sanktionen gegen den Regisseur Schlingensief fordert, weil dieser Kanzler Kohl auf offener Bühne verunglimpft, dann ist der Ton für einen Kulturkampf in Zeiten leerer Kassen vorgegeben. Hochwertige Kunst, die keine Touristen anzieht, muß sich beim Verteilen der Subventionen hinten anstellen, legt CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth bei dieser Kampagne der Einschüchterung und Zensurdrohung nach.
Wer derart den Monetarismus zur Meßlatte für die Kunst macht, dem kann man wohl nur schwer verständlich machen, daß zu einer Dienstleistungsmetropole nicht nur die bislang vergeblich herbeigesehnten Jobs im Sog des Regierungsumzugs gehören. Einer der Standortvorteile der Stadt ist schließlich immer noch eine aufregende Kulturlandschaft. Besucher kommen unter anderem deshalb nach Berlin, weil sie mehr erleben wollen, als die Retortenkultur der Musicalzentren in der Provinz zu bieten haben. Wenn es nach dem Wirtschaftssenator geht, dann sähe die hiesige Kulturlandschaft wohl bald anders aus. Wer profitable und marketingfähige Fast-food-Kultur herbeisehnt, dem sind auch Atelierprobleme und aus Berlin abwandernde Künstler kein Problem. Kultur sich nur dann zu leisten, wenn es sich rechnet – so dürfen die Manager von Disneyland denken, nicht aber Senatoren, die Verantwortung für Berlin tragen. Wenn Kultur jetzt allerdings im Wirtschaftsressort gemacht wird, bleibt nur eine Frage: Wozu gibt es einen Kultursenator Radunski? Gerd Nowakowski
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