piwik no script img

KulturförderungGold am Ufer

Der Senat schließt einen Vertrag für die Uferhallen im Wedding und will den Kulturstandort schützen. Künstler dürfen 30 Jahre bleiben.

Endlich fließt Gold am Ufer, zur Freude von den Künst­le­r*in­nen der Uferhallen Foto: Maurizio Gambarini / Imago

Berlin taz | Als Peter Dobroschke von dem unterschriebenen Vertrag erfuhr, ließ er die Sektkorken knallen. Sieben Jahre lang haben die Künst­le­r*in­nen der Uferhallen um ihre Studios gebangt. Am 29. Dezember kam die gute Nachricht. „Das große Zittern hat ein Ende“, sagt der Künstler, der seit zehn Jahren sein Atelier in den Uferhallen hat, an diesem Mittwoch der taz. Er steht in einer der Hallen in Wedding, die kalte Luft lässt seinen Atem in der Luft hängen.

Das Zittern begann bereits 2017 mit dem Verkauf des Geländes. „Als Künstler war das extrem aufreibend“, sagt Dobroschke. Nun wurde ein Vertrag unterzeichnet: Für die nächsten 30 Jahre haben die Künst­le­r*in­nen hier erst einmal ihre Ruhe. Das Land Berlin ist über die gemeinnützige Kulturraum Berlin GmbH Generalmieter der Uferhallen-Ateliers und vermietet die Räume an die Künstler*innen.

„Heute können wir gemeinsam feiern“, sagte Kultursenator Joe Chialo (CDU) bei einer Pressekonferenz vor Ort. Der schwarz-rote Senat hat für die Jahre 2024 und 2025 vorerst jeweils eine Million Euro zugesagt.

Zum Schutz vor willkürlichen Bauplänen der Eigentümer sollen die Uferhallen zudem als Sondergebiet Kultur ausgewiesen werden. Damit wäre baurechtlich sichergestellt, dass nur eine kulturelle Nutzung zulässig ist. Dieses Verfahren könnte auch Schutz für andere gefährdete Kulturräume in Berlin bieten und somit Vorbildcharakter haben.

„Es ist wirklich gut, dass die Uferhallen erhalten werden“, sagt auch der Linken-Abgeordnete Niklas Schenker. „Unklar ist allerdings immer noch, wer eigentlich hinter den Eigentümern steht.“

Offizielle Eigentümerin der Uferhallen ist die Marema GmbH. Der Geschäftsführer ist Felix Fessard. Allerdings wird Alexander Samwer als Teilgesellschafter genannt. Er und seine beiden Brüder sind durch die Gründung von Rocket Internet bekannt geworden. Alle drei stehen in der Forbes-Liste mit einem Vermögen von mindestens einer Milliarde Euro. Welche Rolle sie künftig für die Uferhallen spielen werden, ist unklar.

Die Uferhallen sollen jetzt erstmal weiter ausgebaut werden. Geschäftsführer Fessard bestätigte auf der Pressekonferenz, dass 100 Wohnungen und etwa sechs kleine Büros entstehen sollen. Aber auch die Sanierung der bestehenden Gebäude soll vorangetrieben werden. Dies sei längst überfällig, so Dobroschke. „Hier muss baulich etwas passieren.“ Die Vorbesitzer hatten lange versprochen, die Gebäude auf dem Gelände zu sanieren. Doch abgesehen von symbolischen Reparaturen hat sich nichts getan.

„Ich habe heute verstanden, dass der Eigentümer bereit ist, vernünftige Lösungen zu finden“, sagt Dobroschke. Allerdings haben die Verhandlungen in der Vergangenheit nicht immer zu Ergebnissen geführt: Schon einmal gab es einen Bebauungsplan für die Uferhallen, der dann von der Marema GmbH in Abstimmung mit Kulturverwaltung und Bezirk pausiert wurde. Deshalb mahnt auch Schenker zur Vorsicht: „Wir wissen von vielen Verdrängungsprojekten der Samwer-Brüder in Berlin.“

Der Vertrag zwischen Eigentümer und Land Berlin stand bis zum Schluss auf wackligen Beinen. „Manchmal braucht es eben Druck“, sagt Dobroschke. Aber jetzt ist er froh, dass er für die nächsten 30 Jahre einen sicheren Ort hat, um seine Kunst zu machen. „Ich freue mich vor allem, wenn die Räume gegen Kälte isoliert werden“, sagte er.

In einer früheren Version haben wir geschrieben, dass es schon einmal einen Bebauungsplan für die Uferhallen gegeben habe, der dann von der Marema GmbH einseitig gekündigt wurde. Das stimmt nicht. Richtig ist, dass sich die beteiligten Parteien (Kulturverwaltung, Bezirk und Eigentümer) auf eine Pausierung des Bebauungsplanverfahrens verständigten. Pardon. Die Redaktion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!