Küstenorte verärgert über Gratis-Strände: Gebühren weg – Kot bleibt
Das Urteil zur kostenfreien Strandnutzung erfreut den Tourismusverband. Küstenorte wollen deswegen Müll und Hundekot nicht mehr entfernen.
Die Tatsache, dass die Gemeinde den Strand sauber halte und Sand aufschütte, reiche als Begründung nicht aus, um an fast dem gesamten Küstenabschnitt Eintritt zu verlangen. Eine Gebühr sei nur dort rechtens, wo die Gemeinde etwa mit Kiosken, Umkleidekabinen und Toiletten für eine höhere Badequalität sorge, begründete der 10. Senat sein Urteil.
„Nur wer Qualität bietet, kann dafür Geld verlangen“, findet Meyer, der bis Ende Juni als SPD-Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein selbst für den Tourismus im Land zwischen den Meeren zuständig war. „Die Gäste erwarten zu Recht einen Gegenwert, wenn sie zur Kasse gebeten werden.“ Ein Vorbild dafür könne die Schwarzwaldcard sein. Mit dieser Gästekarte können Touristen in 146 Ferienorten in der Schwarzwald-Region kostenlos mit Bus und Bahn fahren und erhalten zudem kostenlosen oder vergünstigten Eintritt in über 120 Freizeiteinrichtungen. „Das ist die Zukunft“, sagt Meyer.
Im Sommer vorigen Jahres hatte er selbst für die Abschaffung der Strandgebühren an der schleswig-holsteinischen Nord- und Ostsee plädiert. „Es ist ein Marketing-Effekt, wenn wir sagen könnten: Schleswig-Holstein bietet überall freien Zugang zum Strand.“ Meyer verwies damals auf das Ostseebad Eckernförde oder den nördlichen Nachbarn Dänemark, wo ein Strandbesuch nichts koste. Allerdings scheiterte der Minister damals am Widerstand der Kur- und Badeorte.
Frei zugänglicher Naturstrand mit Müll und Kot
Die niedersächsische Städte- und Gemeindebund hingegen will an den Strandgebühren gern festhalten. Mit diesen Einnahmen könnten Strände erhalten und gereinigt werden. In Wangerland mit seinen 10.000 Einwohnern kämen Kosten von 800.000 Euro pro Jahr zusammen. „Wenn die Einwohner diese Kosten tragen müssten, käme pro Kopf ein Betrag von 80 Euro zusammen“, gab der Verband zu bedenken.
Reinhard Meyer, Deutscher Tourismusverband
Wangerlands Bürgermeister Björn Mühlena (SPD) will nur noch dort, wo es Gastronomie, Sanitäranlagen und Strandkörbe gebe, weiterhin Eintritt verlangen. Der Rest solle frei zugänglicher Naturstrand werden, den die Gemeinde nicht mehr von Müll und Hundekot befreien werde, so Mühlena: „Wir werden uns auf die Bereiche zurückziehen, die wir bewirtschaften können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken