Kürzungen wegen Fristen: Protest gegen Hartz-IV-Sanktionen
Ein Bündnis aus Politik, Wissenschaft und Kultur fordert eine Aufschiebung von Hartz-IV-Sanktionen. Viele Kürzungen treten ein, weil sich Erwerbslose nicht rechtzeitig arbeitslos melden.
BERLIN taz | Drei PolitikerInnen traten am Donnerstag mit der Forderung nach der Aussetzung von Sanktionen für Hartz-IV-EmpfängerInnen in Berlin vor die Presse: Markus Kurth MdB (Bündnis 90/Die Grünen), Katja Kipping MdB (Die Linke) und die Vorsitzende der Jungsozialisten Franziska Drohsel.
Kipping stellte die Ergebnisse einer kleinen Anfrage der Linken im Bundestag vor. Danach waren im vergangenen Jahr 789.000 Hartz-IV-EmpfängerInnen von Leistungskürzungen betroffen, etwa ein Viertel der Betroffenen waren unter 25 Jahre alt.
In der Altersgruppe der unter 25-Jährigen gab es rund 97.000 Totalkürzungen. Das heißt, die Erwerbslosen bekommen keinerlei Unterstützung für Unterhalt und Miete und fallen auch aus der Krankenversicherung heraus. Warum den Betroffenen die Gelder gekürzt wurden, dazu gab es in der Antwort auf die Anfrage keine spezifischen Auskünfte.
Die Folgen einer solchen völligen Kürzung kennt Erwerbslosenberater Frank Jäger aus seiner alltäglichen Praxis. "Mietschulden, Stromsperren, fehlende Mobilität und Mangelernährung". Die Sozialwissenschaftlerin Helga Spindler wies darauf hin, dass wegen der Sanktionen viele Betroffene Angst vor dem Jobcenter haben. Ein Sanktionsmoratorium könne dazu beitragen, dass Erwerbslose wieder als gleichberechtigte Wirtschaftsbürger auftreten können, so Spindler.
Auf der Liste der ErstunterzeichnerInnen für das Sanktionsmoratorium steht der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, das IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sowie die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Heidi Merk und ihre Amtsvorgängerin Barbara Stolterfoht.
Angela Köth, Sprecherin bei der Bundesagentur für Arbeit, erklärte gegenüber der taz, 2008 seien 294.015 Sperrzeiten wegen verspäteter Arbeitssuche verhängt worden. Eine solche Sperrzeit tritt dann ein, wenn die Betroffenen sich nicht - wie vorgeschrieben - schon zum Zeitpunkt der Kündigung arbeitslos melden, sondern etwa erst am ersten Tag der Arbeitslosigkeit.
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