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Künstliche Intelligenz in der Wirtschaft„KI verbraucht wahnsinnig viel Energie“

Künstliche Intelligenz verändert auch Unternehmen. Was das aus der Perspektive der Nachhaltigkeit bedeutet, erklärt Barbara Engels.

Soll künftig einen KI-basierten Ticketverkauf anbieten: digitale Assistenz „Kiana“ der Deutschen Bahn Foto: Jens Kalaene/dpa
Interview von Lennart Sämann

taz: Frau Engels, wie passen KI und Nachhaltigkeit zusammen?

Barbara Engels: KI und Nachhaltigkeit passen zusammen, weil KI genau das kann, was wir für Nachhaltigkeit brauchen: Sie reduziert Verschwendung – von Energie, Rohstoffen, Zeit – und macht Prozesse effizienter, als es Menschen allein je könnten.

taz: OpenAI verbraucht täglich die Energie von fünf Kleinstädten. Ist das noch nachhaltig?

Engels: KI verbraucht wahnsinnig viel Energie, das dürfen wir nicht kleinhoffen. Aber sie liefert auch mehr Vorteile als bisherige Werkzeuge. Wir müssen uns also das Verhältnis von Energie und Leistung anschauen. Es ist wichtig, dass wir bei der Betreibung von Rechenzentren auf erneuerbare Energien setzen. Denn der Bedarf an Strom wird weiter steigen.

Bild: IW Medien
Im Interview: Barbara Engel

37, Digitalökonomin, ist am Institut der deutschen Wirtschaft für nachhaltige Digitalisierung zuständig.

taz: Wie würde der Energieverbrauch steigen, wenn Unternehmen verstärkt auf KI setzten?

Engels: Das ist schwierig zu berechnen. KI braucht selbst Energie, hilft aber Unternehmen auch dabei, Energie einzusparen und ressourcenschonende Entscheidungen zu treffen. Die Klimatisierung eines Gebäudes kann so effizienter gestaltet werden. Ohne KI gäbe es diese Datenübersicht und Entscheidungsintelligenz gar nicht.

taz: Gibt es dazu schon Hochrechnungen oder Rechenmodelle?

Engels: Es gibt Studien, die den globalen Energieaufwand durch KI-Rechenzentren prognostizieren. Verlässliche, unternehmensspezifische Durchschnittswerte kenne ich jedoch nicht. Hier fehlt es an Transparenz und standardisierter Datenerfassung.

taz: Welche Chancen bieten sich durch KI für die Wirtschaft?

Engels: KI hilft Unternehmen, Prozesse zu automatisieren, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Innovationen schneller auf den Markt zu bringen. Sie spart nicht nur Kosten, sondern auch Ressourcen. Richtig eingesetzt kann KI Wachstum und Nachhaltigkeit zugleich fördern.

Vortrag „Künstliche Intelligenz (KI) als Wettbewerbsfaktor für die deutsche Wirtschaft“,

20. 8., 12:30 Uhr

Radisson Blu Hotel,

Böttcherstraße 2, Bremen

taz: Gefährdet KI Arbeitsplätze?

Engels: Fast alle Berufe werden sich verändern. Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitsplätze verschwinden. Durch den Fortschritt, den KI ermöglicht, durch Produktivität und Innovation, ist der Effekt eher, dass in Summe mehr Arbeitsplätze entstehen.

taz: Welche Arbeitsplätze werden im Dienstleistungssektor geschaffen?

Engels: Die Jobprofile verändern sich auch dort. Studien zeigen: In immer mehr Stellenanzeigen werden KI-Kompetenzen gefordert. Dabei werden vor allem hochqualifizierte KI-Entwickler*innen und Da­ten­ex­per­t*in­nen gesucht. Und natürlich brauchen Unternehmen auch Personen, die Anwendungskompetenzen haben und beispielsweise die KI in Geschäftsprozesse einbinden oder vernünftige Prompts für Chatbots schreiben können.

taz: Wie können Unternehmen durch Chatbots effizienter werden?

Engels: Chatbots sind wie digitale Assistenten: Sie beantworten Routinefragen, füllen Formulare aus und sortieren Anfragen vor. So sparen Unternehmen Zeit und Kosten – vorausgesetzt, die Chatbots werden richtig angeleitet.

taz: Kann KI auch in Verwaltungsprozesse einbezogen werden?

Engels: Ja, auch Verwaltungsprozesse lassen sich mit KI effizienter machen – ob bei Rechnungen, im Personalwesen oder im Dokumentenmanagement. KI erkennt Muster und übernimmt Routine, damit Menschen sich auf die wichtigen Entscheidungen konzentrieren können. Aber wie jedes Werkzeug muss sie richtig eingesetzt werden: Ein Hammer ist perfekt, um einen Nagel einzuschlagen, aber untauglich zum Schnitzen – so ist es auch mit KI.

taz: Der Vormarsch der KI lässt sich also trotz bestehender Ängste nachhaltig gestalten?

Engels: Unbedingt. KI ist per se kein Jobkiller und auch per se kein Stromfresser, sondern ein Hebel. Mit erneuerbarer Energien, KI-Kompetenzen auf allen Ebenen und klaren Leitplanken können wir von den Ängsten wegkommen, KI gestalten und sie vorrangig als Lösung begreifen und nicht als Problem.

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