Künstler Nikolaus Gleber über Ökopelz: "Mit dem Kopf noch dran"
Der Berliner Künstler und Försterssohn Nikolaus Gleber macht Designobjekte aus Fuchsfell und nennt das Ökopelz. So müsse die wertvolle Ressource nach der Jagd nicht im Wald verrotten.
taz: Herr Gleber, mit dem Tragen von Pelzen macht man sich nicht nur Freunde. Wollen Sie mit Ihrem Label Friendly Fur ein Tabu brechen?
Nikolaus Gleber: Dass ich mit diesem Konzept ein Tabu anspreche, war mir am Anfang gar nicht so bewusst. Aber irgendwie passt es schon. Ich komme ja aus der Kunstecke und sehe mich nicht als Designer, sondern als Konzeptioner. Daher will ich durchaus auch zum Nachdenken anregen. Kunst muss wehtun, damit sie ankommt.
Sie vermarkten Ihr Label offensiv als Ökopelz. Worin besteht denn der Ökofaktor bei der Verwendung von Fuchspelz?
Jäger schießen häufig Füchse, um den Wildbestand zu regulieren. Für das Fell haben sie meistens keine Verwendung; die Tiere verrotten einfach irgendwo im Wald. Aber viele Jäger lassen die Felle trotzdem gerben, weil es ihnen widerstrebt, eine wertvolle Ressource so verderben zu lassen. Nur solche Felle verwende ich, außerdem keine Felle aus Fallenjagd und gern solche aus bleifreier Jagd.
Was heißt das?
Oft enthält der Schrot Blei, das dann ja in die Erde einsickert.
Aber Sie haben keine Garantie dafür, dass kein Blei verwendet wurde.
Nein. Ich muss den Jägern vertrauen.
Wie sind Sie überhaupt auf den Fuchspelz gekommen?
Mein Vater hatte mir einen geschenkt. Er ist Förster und Jäger, ich bin also mit dem Konzept der Hege und der Nachhaltigkeit schon aufgewachsen. Aus diesem Pelz habe ich mir einen klassischen Fuchskragen gemacht.
War der Kopf noch dran?
Ja, das waren die ersten Modelle, das "full body concept", mit dem Kopf noch dran. Das ist natürlich bei kleineren Accessoires anders. Aber wenn man sich um Nachhaltigkeit bemüht, spielt es ja auch eine Rolle, wirklich möglichst alles zu verwerten. Diesen Kragen habe ich bei besonderen Gelegenheiten getragen, wenn ich ausging, und hatte sehr viel positive Resonanz. Und dann hatte ich einen Traum; irgendwann morgens, in der Phase kurz vor dem Aufwachen, träumte ich davon, dass es doch möglich sein müsste, all dieses Material, das sowieso schon da ist, zu verwerten und damit eine Alternative zu schaffen zum Pelz. Ich nenne mein Material ja nicht Pelz, ich nenne es Friendly Fur (freundlichen Pelz). Den Namen habe ich auch geträumt. Aber ich will jetzt auf keinen Fall esoterisch klingen. Als ich dann endgültig aufgewacht war, habe ich die Idee von allen Seiten beleuchtet und mich informiert.
Aber wenn man sich informiert, merkt man ja schnell, dass Sinn und Unsinn der Fuchsjagd ein umstrittenes Thema sind.
Das ist wahr. Dabei berufen sich interessanterweise beide Seiten auf Argumente der Nachhaltigkeit. Auf der Seite der Jagdgegner gibt es das Argument, dass die Füchse weniger Nachkommen zeugen, wenn viele in einem Gebiet leben. Das hat aber nicht in allen Fällen gestimmt. Genauso wenig stimmt aber die Gegenbehauptung, dass es grundsätzlich zu viele Füchse gibt. Das ist regional nämlich sehr verschieden. Ich habe mich bei der Entwicklung meines Konzepts von Naturschützern beraten lassen. Und ich beziehe meine Pelze grundsätzlich aus Gebieten, in denen es eine Überpopulation von Füchsen gibt.
Wenn Sie nun verstärkt Aufmerksamkeit für Fuchspelze generieren, besteht dann nicht die Möglichkeit, dass aufgrund der gestiegenen Nachfrage mehr Füchse geschossen werden - ihres Fells wegen?
Das ist Unsinn. Meine Kollektion ist im Übrigen streng limitiert, und es gibt keine Kopfprämie. Ich hatte schon eine Anfrage von einem Label, das gern meine Kragen in seiner Kollektion anbieten wollte. Sie hätten sogar mein Logo übernommen. Aber mit solchen Anfragen ist man bei mir an der falschen Adresse, weil ich nun einmal nicht in großen Stückzahlen produziere. Das Material ist begrenzt, und außerdem lasse ich prinzipiell jedes einzelne Modell nur höchstens hundertmal anfertigen. Danach kommt etwas anderes in die Kollektion.
Was kann man denn außer Pelzkragen noch aus dem Fuchs machen?
Ich habe sehr viele kleinere Accessoires; denn so lassen sich auch kleinere Fellreste sinnvoll verwerten. Das geht von der Handtasche und der Gürteltasche bis hin zur Fuchsschlafbrille. Und so ein Brillenbügelstulpen aus Fuchspelz macht aus jeder Brille ein Designobjekt - sogar aus dem einfachsten Kassengestell.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion