: Kühlen mit Sonnenwärme
Die erste ausschließlich solargetriebene Klimaanlage Deutschlands läuft in Freiburg
FREIBURG taz ■ Der Sitzungssaal der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Freiburg wird künftig mit Sonnenenergie gekühlt. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat auf dem Dach die „erste solarautarke Klimatisierung Deutschlands“ in Betrieb genommen.
Die Klimaanlage nutzt die Wärme der Sonne als Antriebsenergie. Über so genannte Sorptionsprozesse wird die Wärme, die von 100 Quadratmeter Solarkollektoren geliefert wird, in Kälte umgewandelt. Die installierten Kollektoren reichen aus, um pro Stunde 10.000 Kubikmeter Luft auf angenehme Temperaturen herunterzukühlen. Die Klimatisierung wurde nachträglich auf dem Gebäude installiert, nachdem sich gezeigt hatte, dass in dem verglasten Konferenzgeschoss die Temperaturen im Sommer unerträglich wurden.
Das Projekt wurde von der Europäischen Union, dem Land Baden-Württemberg sowie den Firmen GWE Gesellschaft für wirtschaftliche Energieversorgung aus Freiburg und dem Ingenieurbüro Dieter Bühler aus Bahlingen gefördert. Auch das ISE leistete, was sonst für Forschungsinstitute ungewöhnlich ist, über die wissenschaftliche Arbeit hinaus einen finanziellen Beitrag, um das ambitionierte und beispielgebende Projekt möglich zu machen. „Die solare Klimatisierung hat ein großes Wirtschaftspotenzial“, sagt Projektleiter Carsten Hindenburg vom ISE. Denn der große Vorteil der solaren Kühlung liege darin, dass immer dann, wenn Kühlung notwendig ist, die Sonne naturgemäß ausreichend Energie liefert. Die Technik sei inzwischen reif für gewerbliche Anwendungen ab 3.000 Kubikmeter Luftdurchsatz pro Stunde. Daher hofft auch IHK-Präsident Georg Fröhner, dass „künftig auch andere Institutionen oder Unternehmen auf diese innovative Form der Klimatisierung zurückgreifen werden“.
Sie funktioniert so: Die Außenluft wird über Adsorption von Wasserdampf an Silikagel (Kieselgel) getrocknet. Die anschließende Befeuchtung der trockenen Luft liefert über Verdunstungskälte kühle Luft zur Klimatisierung. Die Wärme aus den Solarkollektoren regeneriert schließlich das Silikagel für den nächsten Kühlzyklus. Die Kollektoren bringen bei direkter Sonneneinstrahlung eine Wärmeleistung von etwa 70 Kilowatt. Das ISE hat sich für Solarluftkollektoren entschieden, die nicht – wie bei klassischen Anlagen üblich – Wasser aufheizen, sondern Luft auf Temperaturen bis 90 Grad erwärmen. Diese Luftkollektoren hätten sich im vorliegenden Fall als effizienter erwiesen, sagt Projektleiter Hindenburg.
Und nicht nur im Sommer leisten sie gute Dienste: Im Winter kann die Sonnenenergie direkt, ohne Umweg über die Klimaanlage, in die Räume geleitet werden. Damit ist nach Schätzungen des ISE nebenbei 30 bis 40 Prozent der Heizenergie einzusparen. Allerdings benötigt die Klimaanlage noch 15 Kilowatt Strom aus dem Netz. Somit wird die solare Klimatisierung erst dann perfekt sein, wenn auch der notwendige Strom aus Sonnenenergie erzeugt wird.
BERNWARD JANZING
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