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Schluß mit RotstiftKrönings Vermächtnis

■ „Sanierung ist Gesamtverantwortung“: Sparen und Stadtwerke verkaufen

Die gefährlichste Klippe ist umschifft, die größten Löcher sind gestopft, das Schiff ist wieder auf Kurs, da geht der Lotse von Bord. Das ist die Bilanz von Finanzsenator Volker Kröning nach zweieinhalb Jahren als Schatzmeister auf dem Schiff „Land Bremen“. Der scheidende Finanzsenator erklärte gestern, er übergebe seinem designierten Nachfolger Manfred Fluß geordnete Staatsfinanzen und Haushalte für 1994 und 1995, die „bis auf Restprobleme“ stehen. Kröning, der sich selbst als „Macher und Mahner“ im Ampelsenat bezeichnete, wird am 29. Juni aus dem Senat ausscheiden und für die SPD zum Bundestag kandidieren.

Zum Abschluß seiner Arbeit als Finanzsenator verwies Kröning auf die Verwaltungs- und Strukturreform (Bildung von Eigenbetrieben, Budgetierung von Personalkosten) und verteidigte die Sparrunden in den öffentlichen Haushalten als notwendige Grausamkeiten. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das Sanierungsprogramm seien die zentralen Punkte, nach denen sich Politik in Bremen richten müsse. Alle anderen Politikbereiche müßten sich diesem Ziel unterordnen. Jetzt müsse sich Bremen mit der Finanzhilfe selbst aus dem Dreck ziehen, denn von Nachbesserung solle man besser nicht träumen.

Deshalb braucht Bremen Geld. Da gibt es theoretisch zwei Möglichkeiten: weniger ausgeben oder mehr einnehmen. Bei den Ausgaben hat der Finanzsenator daher die Daumenschrauben angelegt. Die daraus resultierenden Sparbeschlüsse sollen nächste Woche endgültig abgesegnet werden. Den Zuwachs bei den Ausgaben hat der Senat mit Kröning am Rotstift von 7,4% (1992) auf 1% (1994) gesenkt.

Denn Ausgabenkürzungen und Überweisungen aus Bonn werden auf absehbare Zeit die Mittel zur Haushaltssanierung sein: Die Steuerschätzungen bis 1997 sagen einen Rückgang um 240 Mio. voraus. Dieses Loch, so Kröning, ist theoretisch auf drei Weisen zu stopfen: Durch nochmalige Streichung von 54 Mio. im Haushalt („Dafür gibt es keinen gesellschaftlichen Konsens“), durch Verzicht auf das Sonderinvestitionsprogramm („Das wäre der Ausstieg von Handelskammer und DGB und gegen die Idee des Sanierungskonzeptes, mit dem auch die Ursachen des Haushaltnotstandes durch Investitionen beseitigt werden sollen“). Bleiben als Ausweg nur die Einsparungen durch die Pflegeversicherung (“140 Mio., die dem Gesamthaushalt zugute kommen “) und der Verkauf des Tafelsilbers: („Nicht mehr und nicht weniger als 49% der Stadtwerke und Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften“). Dabei müßten die Ampelpartner an einem Strang ziehen: „Haushaltssanierung ist Gesamtverantwortung .“

Bleiben noch die Schulden: Über 17 Mrd. Mark. In diesem Jahr sollen netto 330 Mio. getilgt werden, insgesamt bis 1997 etwa 1,4 Mrd. abbezahlt werden. Es bleibt auch das „strukturelle Defizit“ des bremischen Haushalts: Die Deckungsquote liegt derzeit nur bei 81% und soll mit Mühe auf 85% gehoben werden: der Rest muß weiterhin über Kredit finanziert werden. „Wir gewinnen mit der Sanierung an Handlungsspielraum“, sagte Kröning, „aber wir werden in Bremen nicht das Paradies ausrufen.“ bpo

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