Kritik an neuem Batterie-Gesetz: Verfallsdatum schon eingebaut
Die Bundesregierung regelt die Rücknahme und das Recycling von Batterien neu – und erntet dafür sehr viel Kritik.
Bis zum letzten Jahr bestand in Deutschland ein gemeinsames Rücknahmesystem für Batterien, das aber kollabierte, als sich immer mehr Händler daraus zurückzogen und eigene, herstellerorientierte Rücknahmesysteme anschlossen. Das neue Gesetz reagiert darauf und sieht nun ein wettbewerbsorientiertes Modell vor. Darin tritt die Stiftung GRS nun als gewinnorientiertes Unternehmen auf. Für Gerätebatterien vorgesehen sind Sammelquoten von 50 Prozent.
Ähnlich wie bei der Verpackungsentsorgung können Hersteller und Händler sich ein Dienstleistungsunternehmen suchen, bei dem sie Rücknahme und Entsorgung der von ihnen verkauften Batterien in Auftrag geben. Künftig müssten „sämtliche Rücknahmesysteme im freien Wettbewerb fair miteinander konkurrieren können“, erklärt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums. Man schaffe „mit der aktuellen Novelle Rechtssicherheit für alle Akteure“, sagte er.
Die „Abkehr von einem gemeinsam getragenen System sehen wir sehr kritisch“, heißt es in der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zu dem Gesetz. Denn nur ein solches System stelle zuverlässig sicher, dass Altbatterien flächendeckend erfasst und verwertet werden.
Dezentrale Sammelstellen werden es schwerer haben
Auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) sieht die Novelle kritisch: „Wir befürchten, dass zentrale Sammelstellen mit einer hohen Masse an Altbatterien von den Rücknahmesystemen bevorzugt werden könnten, während dezentrale Sammelstellen es schwerer haben werden, überhaupt einen Partner zu finden, der die Altbatterien abholt“, so ein Sprecher des Verbandes. Das gefährde die Entsorgungssicherheit.
Auf den sich wandelnden Batteriemarkt mit immer mehr Lithium-Ionen-Batterien geht die Gesetzesnovelle nicht ein. „Weitergehende Änderungen im Hinblick etwa auf Batterien der Elektromobilität oder die Erhöhung von Sammel- und Recyclingquoten stehen erst im Oktober 2020 auf der Tagesordnung der EU“, sagt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums dazu. Dem wolle man nicht vorgreifen.
Es droht eine Flut an alten Lithium-Ionen-Batterien
„Mit diesem Gesetzesentwurf schwächt die Große Koalition die Batteriesammlung in Deutschland“, sagt Bettina Hoffmann, umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Dieses Fehlen jeglicher Ambition seitens der Bundesregierung sei auch ein verheerendes Signal nach Brüssel, wo derzeit an einer Novelle der Batterierichtlinie gearbeitet wird. „Die Experten-Anhörung im Bundestag war eindeutig“, so Hoffmann, „die Bundesregierung hätte diesen Gesetzesentwurf zurückziehen und eine grundlegend überarbeitete Novelle vorlegen müssen.“
Experten rufen allerdings schon lange danach, die Flut neuer Lithium-Ionen-Batterien gesetzlich zu regeln, die in immer mehr Geräten – und demnächst auch massenhaft in Autos – eingesetzt werden. Ende August etwa präsentierte das Freiburger Öko-Institut das Papier „Stand und Perspektiven des Recyclings von Lithium-Ionen-Batterien aus der Elektromobilität“ und stellte darin fest: „Da ein beträchtlicher Anteil des Marktwachstums der globalen Elektromobilität in Europa erwartet wird und in diesem Zusammenhang viele Gigafactories zur Produktion von Lithium-Ionen-Zellen in Europa aufgebaut werden sollen, kommt der Optimierung des Recyclings von Lithium-Ionen-Batterien zur Stärkung einer umwelt- und sozialverträglichen Sekundärrohstoffquelle für Schlüsselmaterialien eine große strategische Bedeutung zu.“
In den nächsten 10 bis 30 Jahren sei mit erheblich wachsenden Rohstoffbedarfen zu rechnen. Bei einem „ambitionierten Recycling von Lithium-Ionen-Batterien“ könne ein steigender Bedarf an Lithium-, Kobalt- und Nickelverbindungen für neue Batteriezellen auch aus dem Recycling bedient werden, heißt es in dem Papier. Zur Stärkung einer umwelt- und sozialverträglichen Sekundärrohstoffquelle für Schlüsselmaterialien komme dem Recycling daher eine große strategische Bedeutung zu.
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