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Kritik an finanzpolitischen Chaostagen

■ Bündnisgrüne fordern die SPD auf, die Konsolidierung des Haushalts mit der Opposition voranzutreiben

Die Bündnisgrünen haben der Großen Koalition nach einjähriger Amtszeit ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. „Der schleppende Start war symptomatisch für die gesamte bisherige Arbeit des Senats“, erklärte Fraktionschefin Sibyll Klotz gestern. Keines der drängenden Probleme der Stadt sei auch nur ansatzweise gelöst. Statt dessen schiebe der Senat mit dem Argument, erst den Haushalt konsolidieren zu müssen, viele Vorhaben „wie eine Bugwelle“ vor sich her.

Dabei sei sich der Senat noch nicht einmal über das Ziel der Haushaltskonsolidierung einig, kritisierte die bündnisgrüne Finanzexpertin Michaele Schreyer. Sie bezeichnete die gescheiterte Sparklausur als „finanzpolitische Chaostage“. CDU und SPD seien nicht in der Lage, einen Haushaltsentwurf einzubringen. Sie forderte die Sozialdemokraten daher auf, mit den Grünen gemeinsam die Sanierung des Landeshaushalts voranzutreiben, wenn sich die CDU weiterhin wie ein Traumtänzer verweigere. „Es liegen Vorschläge auf dem Tisch, für die Mehrheiten da sind“, so Schreyer. Sie spielte damit auf die vorgezogene Erhöhung der Gewerbesteuer an.

SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller erteilte wechselnden Mehrheiten jedoch umgehend eine Absage. Derweil stimmten im Wissenschaftsausschuß SPD, Grüne und PDS gemeinsam für die Annahme des Sparkonzepts der Technischen Universität (siehe Bericht Seite 22).

Schreyer bezeichnete die von der Großen Koalition ins Spiel gebrachte Globalisierung der Einzelressorts als „Ausweichmanöver“. Daß die Senatoren künftig einen festen Etat zugewiesen bekommen und die Kürzungen intern umsetzen sollten, bezeichnete sie als „einen problematischen Schritt“. Damit werde das Recht des Parlaments, den Haushalt zu verabschieden, ausgehebelt. Denkbar sei ein Globalhaushalt allenfalls bei Sach- und Personalausgaben, nicht aber bei Investitionen und Zuwendungen.

Schreyer legte erneut umfangreiche Sparvorschläge vor. Eine zehnprozentige Einsparung von Sachmitteln bei der Hauptverwaltung sei zum Beispiel durch den Verzicht auf Dienstreisen oder ein besseres Energiemanagement „locker realisierbar“. Damit könnten 280 Millionen Mark erzielt werden. Bei Investitionsausgaben sehen die Grünen ein Sparpotential von einer Milliarde Mark. Zuschüsse für den Bau von Tennishallen oder Segelflugplätzen könne sich die Stadt nicht mehr leisten. 785 Millionen Mark ließen sich durch erhöhte Pachtzinsen für landeseigene Grundstücke, eine Infrastrukturabgabe und weitere Einnahmeerhöhungen erzielen. Bei den Personalausgaben ließen sich 119,7 Millionen Mark sparen, allein 2,7 Millionen durch die Abschaffung des Polizeiorchesters.

Auf die Möglichkeit von Neuwahlen angesprochen, erklärte Fraktionschefin Klotz, daß die Probleme dadurch auch nicht schneller gelöst würden. Dorothee Winden

Siehe auch Bericht Seite 4

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