Kritik an Vattenfalls Braunkohledeal: Umweltschützer sind enttäuscht
In Schweden geben die Gegner eines Verkaufs von Vattenfalls Braunkohlesparte nicht auf. Die Regierung dürfte den Deal durchziehen.
Kommt die rot-grüne Regierung mit einer solchen Beschränkung durch und macht das schwedische Parlament ihr bei der Ausklammerung von Klimaaspekten keinen Strich durch die Rechnung – und eine solche Mehrheit zeichnet sich bislang nicht ab –, wäre alles andere als ein Ja zum fraglichen Geschäft eine Überraschung.
Vattenfall hat der Regierung nämlich eine Berechnung vorgelegt, wonach man selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, nur einen „symbolischen“ Kaufpreis von EPH zu erhalten, insgesamt mit dem Verkauf am besten fahre – obwohl man sogar einen Betrag von 1,7 Milliarden Euro drauflegen und insgesamt Verluste von 3 Milliarden Euro hinnehmen muss.
Mit dieser Rechnung wäre Vattenfall sicher nicht ohne grünes Licht seitens der rot-grünen Regierung an die Öffentlichkeit gegangen. Die hatte dem Staatskonzern 2014 die Auflage erteilt, sich von der Braunkohle zu trennen und in Zukunft eine „treibende Kraft bei der Umstellung auf erneuerbare Energie“ zu werden.
Zwar war man damals davon ausgegangen, mit einem Verkauf noch einige Milliarden für die Staatskasse einstreichen zu können. Doch mittlerweile scheint man froh zu sein, überhaupt einen Interessenten gefunden zu haben. Oder wie die Tageszeitung Svenska Dagbladet kommentiert: Es gehe Ministerpräsident Stefan Löfven nicht mehr ums Geld, schon gar nicht ums Klima, sondern nur noch darum, „weg mit dem Elend“ zu kommen.
Grüne Glaubwürdigkeit
Die große Enttäuschung für die Umweltbewegung ist dabei die Rolle, die Schwedens grüne Miljöpartiet in der Regierung spielt. Hatte sie vor einigen Monaten noch verkündet, ohne einen „konkreten Klimagewinn“ würde man einem Verkauf niemals zustimmen, lassen erste Stellungnahmen darauf schließen, dass sie offenbar bereit sein könnte, sich der Linie des sozialdemokratischen Koalitionspartners anzuschließen.
Eine „Havarie der grünen Glaubwürdigkeit“ wäre das für den Linken-Vorsitzenden Jonas Sjöstedt, der den Grünen vorhält, sie würden durch ein Abnicken des Verkaufs an ein „tschechisches Gangsterunternehmen ohne Umweltverantwortung“ an der „schlechtesten Klimaentscheidung in der Geschichte Schwedens“ mitwirken.
Annika Jacobson, Vorsitzende von Greenpeace Schweden, fordert ähnlich wie Sjöstedt, die Regierung solle den vereinbarten Verkauf noch stoppen. Das internationale Ansehen, das sich Schweden im Bereich der Klimapolitik erworben habe, stehe auf dem Spiel, wenn Vattenfall ausgerechnet an Spekulanten verkaufe, deren Geschäftsidee darauf beruhe, dass die klimapolitischen Ziele, auf die sich die internationale Gemeinschaft verständigt habe, schon nicht funktionieren würden.
Nicht weniger kritisch reagierte der Klimaratgeber der schwedischen Regierung, der Umweltwissenschaftler Johan Rockström. Der Verkauf sei „Wahnsinn“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“