Kritik an US-Wahlkampfspot: Bibo hat keinen Bock auf Politik
Die Sesamstraße will nicht in den US-Wahlkampf eingreifen. Die Macher der Kindersendung verlangen von Obama, seinen Bibo-Wahlspot abzusetzen.
WASHINGTON dpa | Das Symbol der US-Demokraten ist ein Esel. Bei den Republikanern ist es der Elefant. Eigentlich. Denn jüngst scheint es, als wäre der neue Star im amerikanischen Wahlkampf gelb und groß, mit hervorstechenden Augen und Schnabel: Bibo von der Sesamstraße. Bibo („Big Bird“) ist in den USA eine der beliebten Kultfiguren aus der Kindersendung.
Doch Bibo will nicht mehr von Politikern vorgeführt werden. Der gelbe Vogel will seine Heimat, die Sesamstraße, nicht für den Wahlkampf hergeben. „Wir unterstützen keinen Kandidaten“, erklärten die Macher der Sendung am Dienstag (Ortszeit).
Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hatte sich bei der für ihn eigentlich sehr erfolgreichen TV-Debatte den Zorn vieler Sesamstraßen-Fans zugezogen. Beim Rededuell mit Obama in der Vorwoche kündigte der Republikaner an, Finanzspritzen für den Sender PBS und damit auch für Bibo und seine bunten Freunde in der Sesamstraße zu streichen.
Das Wahlkampfteam um Präsident Barack Obama griff die Stimmung auf und schaltete einen TV-Spot mit dem knapp 2,50 Meter großen, sprechenden Vogel. Darin macht sich das Obama-Lager über die Sparpläne des Republikaners lustig. „Groß, gelb und eine Bedrohung für unsere Wirtschaft“, heißt es in dem Spot. „Mitt Romney weiß, dass man sich nicht über die Wall Street Sorgen machen muss, sondern über die Sesamstraße.“
Die Schattenseite des Ruhms
Knapp vier Wochen vor dem Urnengang ist der unfreiwillige Wahlkampfhelfer nicht mehr nur der Liebling der unter Sechsjährigen. Eigentlich aber will Bibo bloß das sein. Der Spot solle nicht mehr gezeigt werden, fordern die Macher der Sesamstraße. „Wir haben keine Wahlkampfspots genehmigt und haben gemäß unserer üblichen Praxis darum gebeten, den Spot abzusetzen.“
Bibo war der Trubel wohl zu viel geworden. Obama hatte bei seinen Wahlkampfterminen in den vergangenen Tagen den gelben Vogel gerne zum Thema gemacht. So auch die populäre Satireshow „Saturday Night Life“: Dort trat Bibo am Samstag auf und erklärte, er sei nun so berühmt, dass er kaum noch unbeobachtet auf die Straße gehen könne, wie sonst „jeder ganz normale zweieinhalb Meter große sprechende Vogel“.
Auch im Netz wurde ein Frontalangriff auf Romney gestartet. Im Kurznachrichtendienst Twitter hagelte es //twitter.com/BlGBlRD:Negativ-Kommentare. Denn Romneys Sparvorhaben war bei vielen auf Unverständnis gestoßen: Die Kürzungen würden gerade mal 16 Millionen Dollar (12,3 Millionen Euro) pro Jahr einsparen. Das Staatsdefizit liegt bei mehr als einer Billion jährlich.
Der Kampf geht weiter
Das Obama-Team prüft nun die Bitte der Sesamstraße-Produzenten, den Spot abzusetzen. Die Sprecherin des Wahlkampfteams, Jen Psaki, versicherte dennoch: Obama werde „weiter für Big Bird kämpfen“. Der Wahlkampf drehe sich aber um ernstere Themen.
Auch die Republikaner suchen einen Weg aus der für sie unangenehmen Debatte. In einem Interview mit dem Sender CNN sagte Romney: „Der Präsident spricht darüber, Big Bird zu retten. Ich werde darüber sprechen, Arbeitsplätze zu retten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader