Kritik an Integrations-Masterplan: EhrenamtlerInnen haben einen Plan
Willkommensinitiativen für Flüchtlinge fordern mehr Mitspracherecht bei der Erstellung des Masterplans für Integration.
Eine Wand aus Karteikarten. In Grün, Blau und Gelb pflastern sie den Festsaal im Rathaus Charlottenburg. Zwischen ihnen hängen sechsundsiebzig Seiten des auf DIN-A4-Blätter ausgedruckten Masterplans für Integration und Sicherheit. Den will der Senat bald beschließen.
Über hundert VertreterInnen aus sechzig Berliner Willkommensinitiativen für Flüchtlinge, wie zum Beispiel „Kreuzberg hilft“, hatten ihre Kritikpunkte am vergangenen Samstag bei einem Diskussionstag erarbeitet und auf die Karten geschrieben. Auf Eigeninitiative, denn „bislang war die Expertise der EhrenamtlerInnen vonseiten des Senats nicht gefragt“, sagt Titus Laska vom Bündnis Neukölln bei dem Diskussionstag.
Am vergangenen Dienstag hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller zwar in das Rote Rathaus geladen, um den Plan zur Diskussion zu stellen, doch der Großteil der ehrenamtlichen Initiativen stand nicht auf der Gästeliste. Kurzfristig erhielten einzelne Akteure schließlich doch noch die Einladung von Integrationssenatorin Dilek Kolat, sich bei ihrem Gespräch mit den Ehrenamtsbeauftragten zum Thema Masterplan einzubringen. Man hätte sich jedoch gewünscht, früher in die Erstellung des Plans eingebunden zu werden, lautete die Kritik mancher Akteure.
Beim Diskussionstag der Willkommensinitiativen aber waren dann sogar einzelne Interessierte aus den Bezirksämtern Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und dem Landesamt für Gesundheit und Soziales gekommen. Die Diskussionen unter den AkteurInnen waren kontrovers, und die schnelle Einigung auf die Hauptkritikpunkte am Ende war deshalb umso erstaunlicher.
Gleicher Wohnungsbau für Alt- und NeuberlinerInnen
Schon rein formal distanzierten sich die Initiativen deutlich von dem Masterplan: Zum einen mache die komplexe Ausdrucksweise den Text gerade für Deutschanfänger schwer lesbar, lautete die Kritik. Außerdem befeuere der Begriff „Sicherheit“ im Titel nur die Angst bei den BürgerInnen und müsse dringend überarbeitet werden.
Auch inhaltlich kritisierten die AnwältInnen, ArchtitektInnen und SozialarbeiterInnen, die sich in der Flüchtligshilfe fast alle ehrenamtlich engagieren, stark, dass die Flüchtlinge in Kategorien je nach Bleibeperspektive eingeteilt werden sollen. Man klassifiziere sie damit, noch bevor über den Asylantrag entschieden werde. Der Masterplan sieht u. a. vor, alle Asylsuchende, die wahrscheinlich in Deutschland bleiben, in besser gestellten Einrichtungen unterzubringen.
Weiter wurde die Forderung laut, beim Thema Wohnungsbau für Geflüchtete keinen Unterschied zu dem ohnehin stattfindenden Wohnungsbau zu machen. Die Ansprüche der Alt- und NeuberlinerInnen seien dieselben.
Neue Rolle der EhrenamtlerInnen
Die Art der Kritik, die die UnterstützerInnen der Initiativen übten, spiegele die veränderte Rolle der Ehrenamtlichen innerhalb der Flüchtlingshilfe wider: „Vor ein paar Monaten gaben wir Windeln heraus, jetzt geht es um eine dauerhafte Unterbringung“, sagte Amei von Hülsen-Poensgen von „Willkommen im Westend“.
„Wir wollen in die Prozesse eingebunden werden“, lautete schließlich die zentrale Forderung des Plenums der Initiativen. Dass das in Bezug auf den Masterplan noch klappt und die Forderungen berücksichtigt werden, ist ambitioniert, aber noch nicht zu spät. Denn aktuell arbeiten die Senatsverwaltungen noch Vorschläge ein. Mitte Mai soll der Plan dann spätestens beschlossen werden.
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