Kritik am U7-Ausbau: Wer hatte eine U-Bahn bestellt?
Der Fahrgastverband IGEB kritisiert, der Ausbau der U7 sei zu teuer, bringe zu wenig und blockiere Wichtigeres.
Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat den Vorstoß der Senatsverkehrsverwaltung zur Verlängerung der U-Bahnlinie U7 scharf kritisiert. Die in einer Vorlage für den Senat veranschlagten Kosten seien „unseriös“ kalkuliert, der verkehrliche Nutzen überschaubar. Vor allem setze die Verwaltung die falschen Prioritäten und blockiere damit wichtige Planungskapazitäten, so die IGEB-Vorsitzenden Christfried Tschepe und Jens Wieseke in einer Stellungnahme.
Wie berichtet, wird Senatorin Regine Günther (Grüne) am Dienstag dem Senat die Anfertigung detaillierter Kosten-Nutzen-Rechnungen für Verlängerungen der U7 zum BER und zur Heerstraße sowie die Aufnahme von Gesprächen mit dem Land Brandenburg über eine gemeinsame Finanzierung der Strecke nach Schönefeld vorschlagen. Anderen U-Bahn-Abschnitten, die ebenfalls geprüft wurden – ins Märkische Viertel (U8) und zur Erschließung des ehemaligen Flughafens Tegel (U6) – erteilte Günther vorläufig eine Absage.
Der IGEB stellte die Nachricht in einen größeren Kontext und monierte, dass von vier in der Koalitionsvereinbarung angekündigten Tramstrecken keine einzige bis zu den Wahlen fertig werde. Auch bei der Beschleunigung von Straßenbahn und Bus durch Vorrangschaltungen sowie neue Busspuren habe der Senat „so gut wie nichts vorzuweisen“. Von U-Bahn-Planungen sei dagegen in der Vereinbarung keine Rede. „Aber genau dafür bindet der rot-rot-grüne Senat seit Jahren erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen.“
Als „Hohn“ bezeichnet der IGEB-Vorstand die „neue Beteiligungskultur“, die in der Koalitionsvereinbarung versprochen worden sei. Tatsächlich habe die Verkehrsverwaltung die zum Teil längst vorliegenden U-Bahn-Machbarkeitsstudien der Öffentlichkeit vorenthalten, nun würden sie „ohne öffentliche Diskussion Grundlage für einen Senatsbeschluss“.
Nicht zuletzt lasse sich die 8,6 Kilometer lange Verbindung zwischen der heutigen Endhaltestelle Rudow und dem BER für die in Günthers Vorlage genannten 704 Millionen Euro kaum verwirklichen, so Tschepe und Wieseke. U-Bahn-Bau koste in Berlin zwischen 150 und 200 Millionen Euro pro Kilometer. Der veranschlagte Betrag reiche dagegen für ein Vielfaches an Tram-Kilometern aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs