Kristina Schröder plant Informationszentrum: Anti-Nazi-Bewegung nun Familiensache

Familienministerin Schröder will ein "Informationszentrum gegen rechts" gründen. Das Geld sei unnötig und würde anderswo gebraucht, kritisieren Initiativen.

Zwei Minister, ein Plan - aber bringt es wirklich etwas? Bild: dapd

BERLIN taz | Als Reaktion auf die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle will Kristina Schröder (CDU) ein bundesweites "Informations- und Kompetenzzentrum" gegen Rechtsextremismus einrichten. Zwei Millionen Euro will sie aufwenden, um Erfahrungen beim Kampf gegen Neonazis zu "bündeln und bundesweit zugänglich" zu machen, kündigte die Familienministerin am Dienstag nach einem "Spitzentreffen gegen Rechtsextremismus" in Berlin an.

Zu diesem hatte sie zusammen mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Vertreter von Gewerkschaften, Verbänden, Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften eingeladen. Friedrich nannte das Treffen ein "Signal der Unterstützung" all jener, die sich im Kampf gegen diese menschenverachtende Ideologie engagierten. "Es darf nicht sein, dass Menschen Angst haben vor Gewalttätigkeit von Extremisten", sagte der CSU-Politiker. Zwar habe die Zahl von Rechtsextremisten abgenommen. Gewaltbereitschaft und Brutalität der Neonazis hätten jedoch zugenommen.

"Wir müssen Angriffe auf Minderheiten stärker auch als Angriffe auf uns alle begreifen", sagte die Familienministerin nach dem Treffen. Die Zwickauer Terrorzelle habe nicht nur eine Reihe von Morden begangen, sondern "auch unser Land attackiert". Gemeinsam müsse man sich dagegen wehren.

"Mehr Nachhaltigkeit" im Kampf gegen Neonazis verspricht sich die Familienministerin von dem neuen Informationszentrum, das sie plant. Es solle eine "neue Phase der Prävention" einläuten. Im Kampf gegen den Rechtsextremismus gebe es kein Kompetenzdefizit, aber einen Mangel an Transfer von Wissen, das in einzelnen Projekten gewonnen worden sei, sagte Schröder.

Lieber über Rassismus debattieren

"Gar nichts" hält dagegen Anetta Kahane von der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich vor allem in den neuen Bundesländern gegen Rechtsextreme engagiert, von Schröders Plänen. "Ich finde, die existierenden Beratungsnetzwerke müssen unterstützt und ausgebaut werden - gerade jetzt, wo staatliche Stellen so versagt haben", sagte sie der taz. Die 2 Millionen wären bei den Initiativen, die sich schon lange auf diesem Gebiet engagieren, besser aufgehoben.

Auch Vertreter der Migrantenverbände, die an dem Treffen teilgenommen hatten, äußerten sich nur verhalten zu Schröders Vorstoß. Trotzdem werteten sie es als wichtiges Signal, überhaupt eingeladen worden zu sein. "Wir wollen nicht nur als Opfer gesehen werden. Wir sind auch Staatsbürger und Partner in diesem Kampf", sagte Ali Ertan Toprak von der Alevitischen Gemeinde in Deutschland.

Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime kritisierte, der Fokus der Debatte sei zu eng: Es gäbe nicht nur den Rechtsterrorismus zu beklagen, sondern auch alltägliche Übergriffe, Diskriminierung und Angriffe auf Moscheen. "Wir brauchen eine Debatte über Rassismus", sagte er.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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