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Krisentreffen der LinkenBis einer heult

Es ist ein veritabler Machtkampf, den Dietmar Bartsch und Oskar Lafontaine ausfechten. Eine Einigung über die künftige Linken-Spitze ist immer noch nicht in Sicht.

Nachgeben ist weder die Sache von Lafontaine noch von Bartsch. Bild: dpa

BERLIN dapd | Das Krisen-Treffen des Linksparteivorsitzenden Klaus Ernst mit dem ehemaligen Parteichef Oskar Lafontaine und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch am Sonntagabend in Berlin ist ohne Durchbruch zu Ende gegangen. Das berichtet die Berliner Zeitung unter Berufung auf führende Parteikreise. Es gebe in der Sache keine Veränderung, hieß es.

Ernst, Lafontaine und Bartsch hatten sich in einem Berliner Café getroffen und zwei Stunden gesprochen. Es ging darum, die Frage zu klären, wer die Linke künftig führt. Lafontaine will auf dem Parteitag am 2. und 3. Juni in Göttingen nur kandidieren, wenn Bartsch auf eine Kandidatur verzichtet. Bartsch ist dazu bisher nicht bereit. Nach ARD-Informationen erklärte Bartsch nach dem Treffen, die Kandidatenfrage werde erst auf dem Parteitag am 2. und 3. Juni in Göttingen entschieden.

Der stellvertretende Linke-Vorsitzende Heinz Bierbaum sprach sich derweil dafür aus, den Reformflügel um Bartsch in die künftige Parteiführung einzubinden. „Wir müssen noch vor dem Parteitag zu einer integrativen Lösung kommen“, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung (Montagausgabe). „Und die Kräfte, für die Bartsch steht, müssen eingebunden werden - auch personell.“ Dabei solle man sich aber „nicht endgültig auf Namen festlegen“. Bierbaum zeigte sich „sicher, dass es zu keiner Spaltung der Partei kommt. Denn alle wissen, dass wir dann keine Chance haben - weder in Ost noch in West.“

Bartsch-Wagenknecht-Duo vom Tisch

Bartsch hatte bereits im November seine Kandidatur für das höchste Parteiamt angemeldet. Lafontaine ist dazu ebenfalls bereit, will sich einer Kampfkandidatur aber nicht stellen. Die Linke-Parteivize Sahra Wagenknecht appellierte derweil an Bartsch, von seiner Kandidatur abzurücken. Es gebe durchaus Ideen für eine Rolle Bartschs in der Parteiführung, sagte sie am Sonntag im ARD-„Bericht aus Berlin“. Es sei „einfach nicht verantwortungsvoll“, wenn er sage, er halte an der Kandidatur fest, egal was um ihn herum passiere.

Die Mitglieder machten sich „unglaubliche Sorgen“ darüber, wohin die Partei mit dieser Konfrontation steuere. Eine Lösung mit Bartsch als männlicher Teil der traditionellen Doppelspitze und Lafontaines Lebensgefährtin Wagenknecht als weiblicher scheint vom Tisch zu sein. Die frühere Wortführerin der Kommunistischen Plattform in der Partei schloss dies aus.

Nach einem Bericht der Ruhr Nachrichten (Montagausgabe) stellt Lafontaine eine weitere Bedingung für seine Kandidatur. Demnach wolle er nur dann für die Spitzenkandidatur der Linken bei der Bundestagswahl zur Verfügung stehen, wenn er auch Parteivorsitzender werde, hieß es in Parteikreisen.

Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi warnte zum wiederholten Male vor einer Spaltung der Partei. Es gebe nur zwei Wege: „Entweder man geht aufeinander zu oder man trennt sich. Natürlich bin ich dafür, dass wir aufeinander zugehen“, sagte er am Sonntagabend im ZDF. Lafontaine widersprach dem im selben Sender: „Das halte ich für übertrieben.“

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7 Kommentare

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  • A
    antares56

    Wenn Oskar und Sahra nicht bald mit ihrem Ego-Tripp aufhören, werden sie die Linke nachhaltig beschädigen (was sie eigentlich jetzt schon getan haben!).

    Wenn ein Kandidat sich nicht einer Kampfabstimmung stellen will und sogar noch alles weitere damit zusammenhängende bestimmen will, hat er die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir leben nicht in der Zeit von Stalin - und wir wollen dahin auch nicht zurück Oskar!

  • U
    Ute

    Es tut nicht weh, die Fundamentalisten hier als "Reformer" bezeichnet zu sehen, obwohl sie sich eher dem Althergebrachten nähern wie es von der SPD seit Jahrzehnten praktiziert wurde und dem sich die Grünen angeglichen haben.

     

    Solches Verdrehen ist ja üblich, schade aber ist, wie wenig man in der Linken miteinander auskommen kann und sich nicht von allen Seiten seit Jahr und Tag um gegenseitiges Verständnis und um Rücksichtsnahme bemühte.

  • C
    Christoph

    so richtig demokratisch hört sich das alles nicht an - eher nach alten SED-Parteitagsmustern-ein Einheitskandidat, der gleichzeitig andere wichtige Ämter hält oder mit Vertrauten besetzt und natürlich ohne Gegenkandidat zur "Wahl" antritt....

  • C
    Christoph

    so richtig demokratisch hört sich das alles nicht an - eher nach alten SED-Parteitagsmustern-ein Einheitskandidat, der gleichzeitig andere wichtige Ämter hält oder mit Vertrauten besetzt und natürlich ohne Gegenkandidat zur "Wahl" antritt....

  • A
    autocrator

    offenbar hat die Linke ein problem mit der demokratie.

    hallo??? - - es geht um eine kandidatur !!!

    da stellen sich kandidaten hin, erzählen was von ihren vorstellungen und ideen, und dann wird gewählt. So simpel, so einfach, so demokratisch.

     

    Wie kommt Lafontaine überhaupt dazu, nur "kandidieren" zu wollen, wenn es keinen gegenkandidaten gibt?!? -

    - dann braucht es keinen parteitag, keine wahl. Dann braucht es eine krönungsmesse - es lebe könig Oskar II.

     

    Wie kommt Wagenknecht dazu, eine Kandidatur als nicht verantwortungsvoll zu nennen?!? Das gegenteil ist der fall ! Da stellt sich einer einem votum, ist bereit, eine niederlage zu riskieren und damit verantwortung für seine positionen zu übernehmen! Verantwortung trägt, wer verantwortlich gemacht werden kann!

     

    Lafontaine und Wagenknecht stehen für die zwei seiten derselben medaille desdeutschen demokratie-defizits: Er für die hinterzimmerpolitik, die hinterher nur noch in pseudo-bestätigungswahlen abgenickt werden darf, sie für das kommunistische modell des bedingten mandats.

    Beide haben offenbar probleme mit der grundidee des freiheitlichen demokratieprinzips.

     

    Wenn man es auf die spitze treiben wollte (aber so böse wollen wir ja nicht sein, oder doch?): Lafontaine und Wagenknecht sollten sich ernsthaft überlegen, ob sie im richtigen land leben. Es gibt genügend andere länder ohne so lästige spielregeln wie demokratie, kandidaturen und wahlen ... vielleicht würden sie sich dort auch wohler fühlen.

     

    Wernn über solchen leuten eine partei zerbricht - dann zurecht. Denn solche antidemokraten haben in unserer demokratischen parteienlandschaft nichts verloren. Und Gysi sollte, statt worthülsen zu produzieren, das auch endlich mal klar machen, sollte ihm an seiner partei noch irgendwas liegen.

    (Aber gut, das ist auch nur noch ein alter verbrauchter mann ...)

  • A
    anke

    Das wäre tatsächlich so eine Art "Uraufführung" (Blüm sehr zu Unrecht über die Ad-hoc-Entlassung Röttgens), wenn es tatsächlich mal "zu keiner Spaltung der Partei" käme, nur weil "alle wissen, dass wir dann keine Chance haben"!

     

    Verstehen kann ich den (Zweck-)Optimismus des Heinz Bierbaum gut. Schließlich: Was bleibt einem Stellvertreter anderes übrig, wenn die Meute ihn löchert? Teilen kann ich seine Hoffnung allerdings nicht. Zu oft schon war ich life dabei, wenn mal wieder einer der sogenannten Verantwortungsträger seiner verantwortung gerecht werden wollte. Die meisten dieser Leute verwachsen im Laufe ihrer Karriere gefühlt so sehr mit dem Land, der Partei und sogar mit "den Menschen", dass sie nicht mehr unterscheiden können zwischen dem eigenen Ich und allem anderen. Ist das jedoch der Fall, kommt das "Ich" immer zuerst, ganz egal, welche Prioritäten einer setzt.

     

    Lafontaine glaubt nicht weniger an sich und die eigene Berufung, als Kauder, Bartsch oder Merkel daran glauben. Er wird die Linke also selbst dann ruinieren, wenn er tatsächlich ihr Bestes will. Einfach deswegen, weil er überzeugt ist, das beste für Die Linke sei Lafontain - und zwar in Gestalt einer Doppel-Spitze.

  • G
    Gerald

    Ist das gruselig.

     

    Bei uns Piraten würden sich alle Kandiaten der Basis vorstellen und die würde dann wählen. Fertig.