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Krisenproteste in den USANun trifft es den Bullen

Im Ursprungsort der neuen globalen Protestwelle stehen nun die privaten Wohndomizile der Vermögenden "1%" im Visier der DemonstrantInnen.

Partystimmung an der Wall Street in New York: BesetzerInnen feiern sich und die weltweite Bewegung. Bild: dapd

Die erfolgreichste Putzkolonne der USA feiert: Am Tag nachdem sie die Räumung verhindert haben, die New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg zuvor eingefordert hatte, sind die BesetzerInnen der Liberty-Plaza noch zahlreicher.

Und ihre Freude ist groß: Hunderte Neuankömmlinge haben in der Nacht zu Samstag auf dem Platz im Finanzviertel von Manhatten geschlafen, um von dort aus direkt in den internationalen Aktionstag zu starten.

Ganze Familien waren gekommen. Sie protestierten gegen Einschnitte im Bildungssektor. Einige griffen den Slogan eines Transparents auf, das eine junge Frau in Washington während einer Rede von US-Verteidigungsminister Leon Panetta hoch gehalten hatte. "Meine Gerenation kennt nur Kriege und einen Bankrott des Landes. Wir verdienen besseres", hatte Alli McCracken geschrieben, bevor sie festgenommen wurde.

An hunderten von Orten quer durch die USA fanden am Samstag Demonstrationen, Sit-Ins und Besetzungen statt. Überall bezeichnen sich DemonstrantInnen als: "die 99Prozent", wetterten gegen die Macht der Konzerne und gegen die Politikerinnen, die sich kaufen lassen.

Und sie erinnerten an Zahlen, die so hoch sind wie seit acht Jahrzenten nicht mehr: 24 Millionen Arbeitsuchende (darunter sowohl die mehr als neun Millionen offiziell registrierten Arbeitslosen als auch die sehr viel Zahlreicheren, die längst durch alle statistischen Raster gefallen sind), mehr als 46 Millionen, die nach offiziellen Zahlen arm sind, weil ihre bis zu vierköpfigen Familien von weniger als 1.800 Dollar im Dollar leben müssen, und 15 Millionen Menschen, denen das Wasser bis zum Halse steht, weil sie Banken mehr schulden als ihre Häuser wert sind.

An einigen Orten spezialisierten sich die "99er" auf konkrete Themen. In Denver im Bundesstaat Colorado ging es gegen Polizeigewalt. Dort hatten Polizisten in Kampfuniformen am Donnerstag den besetzten Platz vor dem State Capitol geräumt, 14 Personen festgenommen und Zelte beschlagnahmt.

In der Hauptstadt Washington, wo derzeit zwei Plätze besetzt sind - einen namens "Occupy DC", einen zweiten mit dem Namen "Stop the maschine" - informierten BesetzerInnen am Bahnhof und in der Innenstadt über den Zusammenhang zwischen Kriegskosten und maroder Volkswirtschaft.

In Chicago, wo vergangene Woche DemonstrantInnen in das Jahrestreffen der Hypothekenbank hineingeplatzt waren, standen die Zwangsräumungen von Häusern im Vordegrund.

Im Visier der BesetzerInnen stehen jetzt sowohl die Wohnorte als auch die Arbeitsplätze der "1 Prozent". In den Nobelvierteln von New York protestierten sie vor Wohnungen von Konzern- und Bankenchefs, in San Francisco unterbrachen sie einen Auftritt von Ruppert Murdoch. Der Chef des nach ihm benannten Medienimperiums sprach vor einem internationalen Bildungskongress. Andernorts beklebten BesetzerInnen die Schaufenster von Banken: "Wegen Zwangsräumung geschlossen."

Parallel zum Erfolg der BesetzerInnen wachsen auch die Umarmungsversuche. In Washington fragen 25 Mitglieder des "Progressive Caucus", dem Zusammenschluss der linken Kongressabgeordneten, VertreterInnen von Occupy DC was sie tun könnten. "Sorgt in euren Heimatgemeinden, dass die Polizei die BesetzerInnen in Ruhe lässt", antworteten die BesetzerInnen. Und auch Prominente aus dem Show Business suchen das Rampenlicht der BesetzerInnen.

Die WahlkampfstrategInnen von US-Präsident Barack Obama wollen die Kritik an die Wall Street zum Hauptthema für die Präsidentschaftswahlen in einem Jahr machen.

Und selbst der gegenwärtig bestplatzierte republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney kokettiert mit der Bewegung. Bei einem Wahlkampfauftritt sprach er von "harten Verlusten der Mittelschicht". Die jungen HauptprotagonistInnen nehmen die Umarmungsversuche gelassen zur Kenntnis.

In der Nacht zum Freitag hatten die BesetzerInnen in New York ihren Platz blitzblank gewienert. Es geht darum, ein Argument von Bürgermeister Michael Bloomberg zu entkräften. Der hatte zusammen mit einem privaten Platzbesitzer, dem Immobilienkonzern Brookfield, erklärt, der Platz müsse "aus sanitären Gründen" geräumt werden.

Nachdem Bloomberg und Brookfield ihre Aktion fürs erste absagten, zog eine Gruppe von BesetzerInnen mit Besen und Feudeln in die benachbarte Wall Street. Dort tanzten sie um den bronzenen Bullen - dem Symbol für steigende Aktienkurse, und riefen: "Castrate the bull".

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5 Kommentare

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  • S
    Stefan

    Die USA als "Ursprungsort der neuen globalen Protestwelle" zu bezeichnen, ist schon ein wenig vermessen, wenn man in die arabischen Staaten, nach Israel, nach Spanien, nach Griechenland, nach Großbritannien, nach Lateinamerika, nach Südkorea schaut.

    Im Übrigen sollte man bei aller Sympathie nicht vergessen, dass die Occupy-Bewegung vor allem deswegen notwendig wurde, weil dem us-amerikanischen Parteiensystem jegliche Rezeptivität verloren gegangen ist.

    Friede den Hütten, Krieg den Palästen!

  • U
    Udo

    Auch die Wohnorte des reichsten Prozentes ins Visier zu nehmen könnte genial sein (Gewaltfreiheit selbstverständlich vorausgesetzt)

    aber wenn man dann gefragt, wird, was man damit bezweckt, sollte man auch was zu sagen haben, was über "wir fühlen uns hier irgendwie total solidarisch" hinausgeht.

     

    Jetzt habensie schon Aufmerksamtkeit und sogar das Wohlwollen von allen Seiten und kriegenkeine einzige knallharte wirtschaftlspolitische Forderung formuliert.

     

    Armselig.

    Es sind mal wieder nicht die bösen Politiker, an denen es scheitert.

    Das Volk kanns eben auch nicht besser; und will das auch noch nicht mal.

    Tja, dann muss es sich halt auch nicht wundern, wenn mal wieder alles im Sande verlaufen wird, was dann wieder ne tolle Rechtfertigung für politiche Apathie für die nächsten Jahrzehnte ist.

  • V
    vic

    Ganz wunderbar, das alles.

    Doch der Ursprungsort der neuen globalen Protestwelle war meines Wissens Spanien. Manchmal geht´s auch ohne die Initiative der USA.

    Mitmachen dürfen sie gerne, keine Frage.

  • KP
    klaus pietschmann

    mene mene tekel - die geister die ich rief... meine guete es gibt so viele schoene historische haedlines, die man anfuehren koennte. aber mal im ernst!? eines tages muste diese hyperbel des wachstums doch auch mal kippen. und was nun bei dem beginn des endes passiert sehen wir in den boersennachrichten auf ntv, ard, phoenix u.s.w.

  • JK
    Juergen K.

    Wir haben hier das Grundgesetz.

     

    In dem gibt es den Artikel 2

     

    Dort wird von einem Sittengesetz gesprochen,

    gegen das niemand verstossen darf.

    --------------------------------------------

     

    Ein solches Sittengesetz kann NUR existieren,

    wenn ein Organ überhaupt existiert,

    das eine solche "Sitte" definieren kann.

     

    Eine Unzahl Individuen ist ein solches Organ nicht.

     

    Eine von den Gesetzgeber immer weiter ausdividierte Gesellschaft

    -was sich durch die Gesetzgebung wiederspiegelt-,

     

    etwa durch ein Existenzminimum für Hartzies, ein steuerfreies Existenzminimum für Erwerbstätige, das Kindergeld für den, die Kinderabschreibung für den,

     

    bis hin zum Geburtstagstänzchen für den,

    oder die individuelle Vereinbarung mit einem Finanzamt oder einem Politiker für den,

     

    verstösst vielleicht gegen "meine, Deine" guten Sitten.

     

    Was aber dadurch abgeschafft ist,

     

    der, die oder das, was Sitten haben kann.

     

    Dieser Artikel des Grundgesetzes ist Text.

    ------------------------------------------

    Blosser Text.

    -------------

     

    Das haben die Gesetzgeber bis heute zu verantworten.

     

    Aber gerade diese behaupten eben diese zu vertreten /zu haben.

     

     

    JA, 99%, das ist dann schon mal eine Grundlage dafür,

    festzustellen,

    dass eben diese ein solches Organ darstellen,

    das ein Sittengesetz überhaupt haben kann.