Krise in der Autoindustrie: Binnen eines Jahres fast 50.000 Stellen abgebaut
Erneut geht die Zahl der Beschäftigten in der Automobilbranche zurück. In keinem anderen Industriebereich gehen so viele Jobs verloren.
afp | Die krisengeplagte deutsche Autoindustrie hat binnen eines Jahres fast 50.000 Stellen abgebaut. Zum Ende des dritten Quartals arbeiteten gut 48.700 Menschen weniger in der Branche als ein Jahr zuvor, teilte am Donnerstag das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Das sei ein Rückgang um 6,3 Prozent – so hoch wie in keiner anderen großen Industriebranche.
Insgesamt arbeiteten Ende des dritten Quartals noch 721.400 Menschen in der Autoindustrie. Weniger Beschäftigte gab es zuletzt Ende des zweiten Quartals 2011 in der Branche, damals waren es 718.000.
Zulieferer bauten deutlich stärker Stellen ab als Hersteller: In Unternehmen, die Teile und Zubehör für Autos produzieren, wurden in den zwölf Monaten bis Ende September rund 11 Prozent der Stellen abgebaut; in der Produktion von Karosserien, Aufbauten und Anhängern 4 Prozent der Stellen, wie das Statistikamt weiter mitteilte. Im Bereich der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren dagegen betrug der Beschäftigtenrückgang 3,8 Prozent.
Stellenabbau auch in anderen großen Industriezweigen
Auch in anderen großen Industriezweigen wurden viele Stellen abgebaut: In der Metallerzeugung und -verarbeitung sank die Beschäftigtenzahl binnen eines Jahres um 5,4 Prozent auf 215.400, in der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen ging sie im selben Zeitraum um 3 Prozent zurück auf 310.300 Beschäftigte. In der Kunststoffindustrie wurden 2,6 Prozent der Stellen abgebaut (auf 321.400), in der Herstellung von Metallerzeugnissen 2,5 Prozent (auf 491.500).
Im Maschinenbau betrug der Stellenabbau 2,2 Prozent, Ende des dritten Quartals waren damit noch 934.200 Menschen in der Branche beschäftigt. In der chemischen Industrie ging die Beschäftigung um 1,2 Prozent zurück (auf 323.600).
Allein in der Nahrungsmittelindustrie stieg die Beschäftigung: Hier gab es Ende des dritten Quartals 8.800 Beschäftigte mehr als ein Jahr zuvor, ein Plus von 1,8 Prozent auf insgesamt 510.500 Beschäftigte.
Die vom Stellenabbau besonders betroffenen Branchen „leiden unter drei massiven Belastungen“, erklärte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien: „Dem sich verschiebenden geopolitischen Umfeld, das die Märkte in den USA und China für deutsche Exporteure zunehmend unzugänglicher macht; unter den durch die russische Ukraine-Invasion deutlich gestiegenen Energiepreisen und unter der anstehenden Umstellung auf E-Mobilität mit Verschiebung von Lieferketten und Verunsicherung der Verbraucher, die sich derzeit mit dem Kauf von Kraftfahrzeugen insgesamt zurückhalten.“
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert