piwik no script img

Krise in GriechenlandKein Geld, nirgends

Vor dem Euro-Sondergipfel am Dienstag wächst der Druck, schnell eine Einigung zu erzielen. Merkel und Hollande wollen weiter helfen, die Union nicht.

Aus Griechenlands Bankautomaten kommt momentan mehr heiße Luft als Geld. Foto: dpa

Brüssel/Athen/Berlin/Strassburg ap/afp/dpa | Auf einem Sondergipfel in Brüssel wollen die 19 Staats- und Regierungschefs der Euroländer mitsamt ihren Finanzministern endlich einen Weg aus der Griechenland-Krise finden. In dem Land wird das Geld immer knapper. Die griechischen Banken sind bereits seit einer Woche weitgehend geschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande forderten von Griechenland neue Vorschläge noch innerhalb dieser Woche.

Diese sicherte Regierungschef Alexis Tsipras Merkel am Montag telefonisch zu, wie ein Regierungsbeamter in Athen berichtete. Athen werde neue Vorschläge einreichen, um die Verhandlungen mit den internationalen Gläubigern wieder in Gang zu bringen.

Die Griechen hatten in einem Referendum am Sonntag weiteren Sparmaßnahmen im Gegenzug für Rettungskredite eine deutliche Absage erteilt. Die Europäische Zentralbank teilte am Montag mit, dass sie keine weiteren Notkredite zur Verfügung stellt. Die Kredite könnten „nur gegen genügend Sicherheit zur Verfügung gestellt werden“, hieß es in einer Erklärung der EZB.

Mit der Entscheidung stehen die Geldhäuser Griechenlands unter zunehmendem Druck, während sie versuchen, die Geldautomaten wieder aufzufüllen. Bargeldabhebungen und Kapitalverkehr mit dem Ausland sind in dem hoch verschuldeten Land beschränkt.

Merkel: Zeit ein wesentlicher Faktor

Merkel und Hollande erklärten am Montag bei einem Treffen in Paris, das Referendum der Griechen gegen die Bedingungen eines internationalen Rettungsprogramms werde respektiert. Die Tür für Verhandlungen mit der griechischen Regierung, um das Land in der Eurozone zu halten, stehe weiterhin offen. Zeit sei jetzt ein ganz wesentlicher Faktor, sagte Merkel. Griechenland müsse seine Vorschläge zur Lösung der Krise noch in dieser Woche auf den Tisch legen.

Führende Unionspolitiker haben sich am Dienstagabend in Brüssel entschieden gegen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland ausgesprochen. „Griechenland hat Nein gesagt“, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Bild-Zeitung und fügte hinzu: „Nein heißt jetzt für uns auch Nein zu Verhandlungen und zum Hilfspaket.“

Der Vorsitzendes des Wirtschaftsausschusses im Bundestag, Peter Ramsauer (CSU), sagte laut Bild, das Votum der Griechen beim Referendum sei zwingend als „Nein zu jeglicher Art eines neuen Hilfspakets“ zu verstehen. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten (CDU), verlangte ebenfalls, das „Experiment mit den reformunwilligen Griechen im Euro-Raum“ zu beenden. Unionsfraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte in der Bild, Ängstlichkeit und Unentschlossenheit der europäischen Staats- und Regierungschefs seien nun „die größte Gefahr für den Euro“.

Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) bekräftigte seine Forderung nach einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. „Der ehrliche und konsequente Weg wäre der Grexit“, sagte Söder der Passauer Neuen Presse. „Alles andere hat bislang zu keinem Ergebnis geführt.“ Griechenland habe deutlich gemacht, dass es „ein anderes Modell als Europa“ wolle. Das europäische Modell laute „Geld gegen Reformen“, das griechische „Geld ohne Reformen“. „Das sprengt den Grundcharakter des Euro“, kritisierte Söder.

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy forderte, Griechenland brauche Reformen, die das Wirtschaftswachstum belebten. Gleichzeitig müsse das Land seinen Verpflichtungen nachkommen und seine Schulden bezahlen, um in der Eurozone zu bleiben, sagte er im spanischen Fernsehen. „Wir wollen Griechenland helfen, aber Griechenland muss sich an die Regeln Europas halten.“

Juncker will Griechenland in der Eurozone halten

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker machte sich dagegen für den Verbleib Griechenlands in der Eurozone stark. „Niemand darf die Griechen hinauswerfen wollen“, sagte er am Dienstagmorgen vor dem Europaparlament in Straßburg. Die Verhandlungen mit Athen müssten erneut aufgenommen werden.

Zugleich dämpfte Juncker die Erwartungen an das Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Länder mit der Euro-Währung am Abend in Brüssel. Dabei könne es noch keine Lösung geben. „Und wenn es heute eine Lösung geben könnte, dann wäre es wiederum eine zu einfache Lösung“, sagte er.

Vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras forderte er eine Erklärung des Referendums. Er respektiere die Abstimmung, beteuerte Juncker. „Ich würde das gerne verstehen“, sagte er aber. Die vorgelegte Frage zu Spar- und Reformforderungen der Geldgeber habe zum Zeitpunkt der Stimmabgabe nicht mehr auf dem Tisch gelegen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare