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Krise im Frauenteam des DFBKaltstart in Island

Auch das Frauenteam des DFB hat große Schwierigkeiten. Das Spiel in Reykjavík am Samstag ist ein Finale um die direkte WM-Qualifikation.

Ob Torhüterin Schult am Samstag wieder enttäuscht auf dem Boden sitzt, wie zuletzt in Frankreich? Foto: dpa

Doris Fitschen kann sich an eine Island-Reise ihrer aktiven Zeit noch gut erinnern. Der Flug über den Nordatlantik und die Landung auf dem Airport Keflavík waren so weit in Ordnung, „aber dann gingen die Türen nicht auf, weil es draußen so heftig wehte“, weiß die Managerin der deutschen Nationalmannschaft. „Gefühlt zwei Stunden“ hätte sie mit Birgit Prinz und Steffi Jones noch im Flieger ausgeharrt.

Der stürmische Empfang allerdings war kein Vorbote irgendwelchen Unheils: Die zwei EM-Qualifikationsspiele endeten mit lockeren Siegen. 1996 gab es ein 3:0, vier Jahre später ein 6:0. Einmal schauten 200, dann 250 Zuschauer zu.

Nun ist zum WM-Qualifikationsspiel zwischen Island und Deutschland (Samstag 16.55 Uhr, ZDF) alles ein bisschen anders. Klar, wieder ist in Reykjavík kühles und windiges Schauerwetter angesagt, aber der Rahmen und die Ausgangslage haben sich radikal verändert. „Es ist ein Riesenspiel, ein Entscheidungsmatch, das sich wie ein Finale anfühlt“, sagt Torhüterin Almuth Schult, die sich mit ihren Kolleginnen in Grassau am Chiemsee vorbereitet.

Die Erfolge der Männer haben auch die Frauen mitgerissen. Alle 15.000 Karten für das Nationalstadion Laugardalsvöllur sind verkauft. Nach einem 3:2 im Oktober vergangenen Jahres in Wiesbaden reicht Island vermutlich ein Remis, um sich als Erster direkt für die WM 2019 in Frankreich zu qualifizieren. Am letzten Spieltag am 4. September stehen eher Pflichtaufgaben an: Island empfängt Tschechien, Deutschland spielt auf den Färöern.

Kaltstart hingelegt

Muss der zweifache Weltmeister erstmals in seiner Geschichte eine nervenaufreibende Play-off-Runde mit den vier besten Gruppenzweiten ausspielen, von denen nur der Sieger die WM-Fahrkarte bekommt? „Das wäre ein Desaster“, sagt Siegfried Dietrich, der Macher vom 1. FFC Frankfurt und Mitglied im DFB-Ausschuss Frauenfußball. Der hat seinem Aushängeschild nicht gerade die besten Bedingungen gezimmert: Weil die Frauen-Bundesliga erst Mitte September beginnt, legen Alexandra Popp und Kolleginnen einen Kaltstart hin.

Mit dem sportlichen Leiter des DFB, Joti Chatzialexiou, geht der wichtigste Mitarbeiter von Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff mit auf die Reise. Hinter den Kulissen gab es viele Gespräche, in denen auch die zur Direktorin für Vereine und Verbände beförderte Heike Ullrich eingebunden war.

Dass aufgrund des frühen WM-Aus der U20 dringend auch im weiblichen Nachwuchsbereich gegengesteuert werden muss, wissen sie. Mitten in das WM-Desaster der Männer könnte nun noch die Sinnkrise der Frauen platzen. Bierhoff bräuchte diese Baustelle wohl am allerwenigsten.

Nicht nur seine Hoffnung ruht dabei auf Horst Hrubesch. Mit fast stoischer Gelassenheit lebt der als Interimstrainer tätige Sportdirektor des DFB sein Selbstverständnis vor. „Wir werden gewinnen, das ist klar!“, hat der 67-Jährige im Kicker-Interview versprochen „Die Niederlage im Oktober war in dieser Form einmalig. So etwas passiert nicht wieder. Die Mädels haben ja selbst nicht verstanden, warum sie verloren haben …“

Vielversprechend trotz einiger Ausfälle

Der leutselige Menschenfänger hat es auf seine Art geschafft, nach dem Irrlichtern unter der überforderten Bundestrainerin Steffi Jones die Blockaden zu lösen: Die Qualifikationsspiele gegen Tschechien (4:0) und Slowenien (4:0) verliefen souverän, der Härtetest im Juni in Kanada (3:2) trotz zahlreicher Ausfälle vielversprechend.

Mit Dzsenifer Marozsan (Lungenembolie) und Babett Peter (Probleme mit der Bauchmuskulatur) fehlen abermals zwei Stützen, aber Hrubesch bleibt dabei: „Man darf natürlich nicht gegen Island verlieren – und das zu Hause! Jetzt müssen wir das eben wieder geradebiegen.“

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