Kriminalität: Das DNA-Geschenk

Mit einer Gratis-Verteilaktion an Neustädter Haushalte wirbt die Polizei zum ersten Mal in Deutschland für den Kauf synthetischer DNA zur Diebstahlsicherung.

Einbrecher sollten die Neustadt meiden. Bild: kawe

Die Bremer Polizei hat gestern damit begonnen, an 1.000 Haushalte in der Neustadt Sets mit so genannter künstlicher DNA zur Markierung wertvoller Gegenstände zu verteilen. Mit der Substanz soll Diebesgut leichter identifizierbar gemacht und dadurch Wohnungseinbrüche bekämpft werden. Bis Freitag werden 50 Beamte alle Haushalte in der Südervorstadt persönlich aufsuchen, um die Markierungskits zu verteilen und über die Verwendung zu informieren.

Bei künstlicher DNA handelt es sich um eine synthetische Substanz, die von der britischen Firma Selectamark hergestellt wird. Jede Charge der farblosen und lange haftenden Flüssigkeit ist mit einer eindeutigen Kennzeichnung in Form von Mikropartikeln ausgestattet. Mit ihr bestrichene Flächen leuchten, wenn sie mit einer speziellen Taschenlampe angestrahlt werden. Mögliches Diebesgut soll so beispielsweise auf Flohmärkten oder bei Händlern, die der Hehlerei verdächtigt werden, erkannt werden können. Wer eine Flasche Kunst-DNA kauft, trägt in einer Datenbank des Herstellers ein, worauf er die Flüssigkeit gepinselt hat. Diese Datenbank soll ausschließlich der Polizei zugänglich gemacht werden.

Bei der Präsentation am Montag klingelte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in Begleitung von Kamerateams von RTL und ARD sowie des Polizeipräsidenten an der Tür von Inge Jäger in der Hegel Straße. Mäurer übergab der vorher ausgewählten Rentnerin ein Markierungsset. Bei ihr sei bereits zwei Mal eingebrochen worden, weitere zwei Mal wurde es versucht, erklärte sie den Journalisten. Ob sie sich mit der Synthetik-DNA sicherer fühle, "das weiß ich noch nicht," sagte sie.

In der Stadt Bremen gab es letztes Jahr 2399 Wohnungseinbrüche. Das sei "ein massives Problem", sagte Mäurer. In England, neben den Niederlanden das europaweit einzige Land, in dem synthetische DNA verwendet wird, soll die Einbruchsrate in damit gesicherten Wohngegenden um 80 Prozent zurück gegangen sein. "Wir wollen testen, ob das was bringt", sagte Neustadts-Ortsamtsleiter Klaus-Peter Fischer. Er hoffe, den britischen Wert "auf 85 Prozent zu toppen". Alle Straßen des DNA-Testgebiets werden mit Schildern gekennzeichnet.

Die Verteilung an die Haushalte ist die zweite Stufe eines Pilotprojekts. Die Bremer Behörden wollen damit erstmalig in Deutschland Akzeptanz und Wirkung der Technologie testen. Bereits Mitte Oktober war die Substanz an alle Schulen im Land verteilt worden. Dort sollen etwa Computer und Projektoren gesichert werden. Nach den Privathaushalten wird der Test auf Banken und Tankstellen ausgeweitet. "Es gibt ja auch die Möglichkeit, die Flüssigkeit zu versprühen", sagte Mäurer. Düsen, etwa an der Ausfahrt von Tankstellen, sollen dort Diebe markieren. Der Hersteller verkauft bereits die so genannten "DNA-Duschen" im Internet an Ladenbesitzer. Die können diese am Ausgang ihres Geschäfts anbringen und mit der Alarmanlage koppeln. Die Flüssigkeit haftet wochenlang auf der Haut, gesundheitsschädlich soll sie nicht sein.

Die Kosten für den Freilandversuch sind beträchtlich. Jede der 1.000 verteilten Flaschen kostet im freien Verkauf derzeit 120 Euro. Die Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Gewo Bremerhaven sowie die Versicherung ÖVB sponsern die Gratis-Verteilung.

Projektleiter Uwe Schröter von der Bremer Polizei sagte, Sinn der Maßnahme sei vor allem die Abschreckung von Dieben. Er hoffe, dass sich künftig alle Bürger die künstliche DNA selber kaufen: "Unser Ziel ist ein selbsttragendes Projekt in der Fläche." Das sei jedoch "eine Frage der Akzeptanz".

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