Krieg in der „Volksrepublik Luhansk“: Wieder Tote an der Front
Im Osten der Ukraine ist es zu neuen Kämpfen gekommen. Das ist ein Rückschlag für die Schlichtungspläne von Präsident Selenski.
KIEW taz | Die Spannungen zwischen der Ukraine und der von Moskau kontrollierten „Volksrepublik Luhansk“ im Osten des Landes haben erneut an Schärfe zugenommen: Am Dienstagmorgen sind mindestens fünf Menschen an der ostukrainischen Front unweit der Ortschaft Solotoe ums Leben gekommen. Ein ukrainischer Soldat wurde bei einem Angriff von Kämpfern der „Volksrepublik Luhansk“ getötet, drei weitere wurden verletzt.
Dies berichtete Ruslan Chomtschak, Generalstabschef und Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte gegenüber der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian. Gleichzeitig seien vier Angehörige der gegnerischen Einheiten getötet und sechs verletzt worden, so Chomtschak. Um 10 Uhr, so Chomtschak, hätte die gegnerische Seite zur Bergung der Toten um eine kurze Waffenruhe gebeten. Der Tod von vier Angehörigen der Einheiten der „Volksrepublik Luhansk“ wird auch von der russischen Nachrichtenagentur lenta.ru bestätigt.
Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, die jüngsten Kämpfe vom Zaun gebrochen zu haben. Am Morgen seien russische bewaffnete Einheiten vorgerückt und hätten Positionen von ukrainischen Einheiten angegriffen, berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Unian. Dabei habe der „Feind“ auch große 120-mm-Artilleriesysteme eingesetzt – die sind laut den Vereinbarungen von Minsk verboten.
Anders berichtet die Nachrichtenagentur lug-info.com, ein Sprachrohr der ostukrainischen Separatisten. Am Morgen des 18. Februar hätte sich eine ukrainische Truppe aus zehn Personen den separatistischen Einheiten genähert. Dabei seien die Angreifer in ein Minenfeld geraten. In der Folge seien zwei Angreifer ums Leben gekommen, so das separatistische Portal. Der russische Vertreter im Uno-Sicherheitsrat, Wassili Nebensja, warf der Ukraine vor, die Minsk-Vereinbarungen nicht einzuhalten. Von 13 Punkten des Vertrags von Minsk würde die Ukraine nur zwei umsetzen.
Kampfzone galt als Pilotregion
In der Ukraine selbst sind die jüngsten Kämpfe ein Rückschlag für neue Pläne von Präsident Selenski zur Beilegung des Konflikts. So hatte Selenski gemeinsame Patrouillen von Angehörigen der Sicherheitskräfte der prorussischen Milizen und ukrainischen Sicherheitskräften an der russisch-ukrainischen Staatsgrenze vorgeschlagen. Und Selenski trieb immer wieder punktuelle Truppenentflechtungen – also entmilitarisierte Zonen – voran.
Die jüngsten Kämpfe hatten sich ausgerechnet in der Nähe der Ortschaft Solotoe ereignet. Dieser Ort gilt als „Pilotregion“ von Truppenentflechtungen. Dort war im November eine solche Truppenentflechtung erfolgreich durchgeführt worden. Truppenentflechtungen, sagt der Politologe Volodimir Fesenko in der Zeitung Nowoje Wremja, seien einer der wichtigsten Mechanismen zur Regulierung von Konflikten und Umsetzung von Waffenstillständen.
„Ohne Truppenentflechtungen kann von Waffenstillständen leider nicht einmal die Rede sein“, so Fesenko. Angesichts der neuesten Kämpfe dürften die Umsetzung weiterer Entmilitarisierungen oder gar gemeinsame Patrouillen an der russisch-ukrainischen Grenze in weite Ferne gerückt sein.
Leser*innenkommentare
Suryo
Der "Konflikt" wird niemals gelöst werden, solange Putin nicht will. Denn der vom Kreml beabsichtigte Zweck des frozen conflicts ist ja, dass er stets dann wieder zum Ausbruch gebracht werden kann, wenn die Ukraine nicht tut, was Russland will. Eine Würgekette, die sich immer dann zuzieht, wenn sich die ukrainische Regierung zu weit nach Westen bewegt. Und damit der Konflikt auch garantiert nie endet, müssen die Gräben zwischen den "Volksrepubliken" und dem Rest der Ukraine möglichst tief werden - durch menschliches Leiden und Schuldzuweisungen. Genau das macht de putinsche Außenpolitik eben so unfassbar grausam und zynisch. Je schrecklicher das Leid in der Ostukraine, umso besser für Russland.