Krieg in der Ukraine: Moskau will Militärs zurück
Zwei im Osten der Ukraine gefangengenommene Soldaten sind Angehörige der russischen Armee – angeblich jedoch bereits einige Zeit außer Dienst.
MOSKAU taz | „Auf allen Kanälen wird nach Wegen gesucht, um aus dieser Situation herauszukommen“, berichtet der Kommersant unter Berufung auf Quellen in den russischen Streitkräften. Am Wochenende waren in der Ostukraine bei Stschaste zwei russische Aufklärer verwundet und von der ukrainischen Armee gefangengenommen worden. Nach russischer Lesart handelt es sich bei den beiden Gefangenen nicht um reguläre Militärs, sondern um Freiwillige, die die Aufständischen im Osten unterstützen.
Umso mehr verwundert es jedoch, dass laut Kommersant die russische Seite erwägt, die Angelegenheit direkt auf der Generalstabsebene beider Länder zu klären. Der Fall scheint brisant, Russlands militärische Führung reagiert verunsichert.
Die beiden Soldaten sind Spezialisten des militärischen Geheimdienstes GRU. Ihre Einheit für „besondere Aufgaben“ ist direkt dem GRU-Generalstab unterstellt und in Togliatti im Südosten Russlands stationiert. Als die Nachricht von ihrer Gefangenschaft die Runde machte, fanden sich am Montag vor der Kaserne ein Dutzend Demonstranten ein, die den sofortigen Rückzug der russischen Armee aus der Ukraine forderten.
Nach der Festnahme gaben beide zu Protokoll, aktive Soldaten der russischen Armee zu sein. Außer Dienstgrad und Herkunft sollen sie noch weitere Angaben gemacht haben. Auf russischer Seite wird vermutet, dass die Ukrainer die Verwundeten gefoltert und zur Aussage gezwungen hätten.
Generalmajor Igor Konaschenkow vom russischen Verteidigungsministerium räumte unterdessen ein: Beide „haben gedient“ und eine „militärische Ausbildung“ erhalten. Doch hätten sie zurzeit der Festnahme nicht mehr in der Armee gedient. Menschenrechtler vom antimilitaristischen Zentrum in Togliatti bestätigten jedoch, dass die Militärs, Alexander Alexandrow und Jewgenij Jerofejew, vom Truppenteil N21208 an Kriegshandlungen in der Ukraine beteiligt waren. Russlands Generalstab verlangt einen Gefangenenaustausch.
Die Ukrainer wollen sich darauf nicht einlassen. In einem Verfahren wegen „terroristischer Aktivitäten“ sollen die beiden Soldaten in Kiew vor Gericht gestellt werden. Für die Betroffenen könnte das lebensrettend sein, spekulierte der Sender Echo Moskwy. In der aufgeheizten patriotischen Stimmung sei es nicht ausgeschlossen, dass viele die Aufklärer für Verräter halten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“