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Krieg in Syrien„Kein Zweifel“ an Assads C-Waffen

Sarin oder ein ähnliches Nervengas soll zum Einsatz gekommen sein: Die Verteidigungsminister der USA und Israels erheben schwere Vorwürfe gegen Syrien.

US-Verteidigungsminister James Mattis (l.) und der Staatspräsident Israels Reuven Rivlin Foto: dpa

Tel Aviv/Den Haagap/afp/taz |Die USA und Israel werfen Syriens Regierung vor, entgegen ihrer Zusagen doch noch verbotene Chemiewaffen zu besitzen. „Ich kann mit Autorität sagen, dass sie einige einbehalten haben“, sagte US-Verteidigungsminister James Mattis am Freitag in Israel, wo er zu Gesprächen mit Regierungsvertretern weilte. Daran bestehe „kein Zweifel“.

Es sei „ein Verstoß gegen die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, und es wird auf diplomatischem Weg in Angriff genommen werden müssen.“

Mattis äußerte sich an der Seite des israelischen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman. Dessen Ministerium hatte diese Woche auf Grundlage von Geheimdiensterkenntnissen erklärt, dass Syrien noch immer bis zu drei Tonnen Chemiewaffen in seinem Besitz habe. Die Regierung Damaskus hatte sich nach einem Chemiewaffeneinsatz mit über 1.400 Toten im Jahr 2013 verpflichtet, sämtliche chemischen Waffen an internationale Experten zu übergeben.

Am 4. April waren aber bei einem Luftangriff des syrischen Regimes auf den Ort Chan Scheichun im Rebellengebiet mindestens 90 Menschen an den Folgen der Freisetzung chemischer Kampfstoffe gestorben. Am Mittwoch dieser Woche bestätigte die Organisation gegen ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) aufgrund von Analysen in vier Labors, dass Sarin oder ein ähnliches Nervengas zum Einsatz gekommen war.

Dies deutet auf einen Giftgas­einsatz des Regimes hin. Sy­riens und Russlands Regierungen hatten zunächst behauptet, der Luftangriff habe chemische Kampfstoffe der Rebellen freigesetzt. Als diese Version unhaltbar wurde, hatten sie den Tod der Zivilisten als Fälschung dargestellt. Eine unabhängige Untersuchung hat Russland bisher durch ein Veto im UN-Sicherheitsrat blockiert. Die OPCW sowie mehrere Geheimdienste haben allerdings in die Türkei gebrachte Opfer des Angriffs sowie am Angriffsort unter Aufsicht entnommene Proben untersucht. Am Donnerstag bat Syriens Regierung nun doch um eine UN-Untersuchung.

In Tel Aviv sagte Mattis auch, Syriens Luftwaffe habe in den vergangenen Tagen ihre Kampfflugzeuge auf Stützpunkte im Land verteilt. Es wird vermutet, dass Syrien sich so gegen mögliche weitere US-Angriffe wappnen will. Am 7. April hatten die USA als Vergeltung für den Chemiewaffenangriff einen syrischen Luftwaffenstützpunkt mit Raketen beschossen.

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16 Kommentare

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  • zwei nationen die durch nichts anderes als krieg und terror zu ihrem land gekommen sind, werfen einer dritten nation vor kriegsverbrechen begangen zu haben.

    ich sehe schon wo das endet.

  • Herr Postol ist die Tage wohl bekannt geworden. Seine Untersuchung kommt zu anderen Ergebnissen. Der Mann schaut genauer hin und macht keine Schnellschüsse

    Zitat:

    "Postol wertete detaillierte Wetterdaten mit Windrichtung und -geschwindigkeiten aus, berechnete die Bereiche mit Giftgaswirkung, verglich den Schattenwurf auf den Fotos im Geheimdienstbericht mit den behaupteten Zeitangaben und kam zu einer ganzen Reihe von Widersprüchen. U.a. schreibt er: «Was aufgrund der Videos absolut klar wird, dass der Ort, wo das Sarin gemäss Geheimdienstbericht ausgebracht wurde sowie der Bereich, in dem Opfer in grosser Zahl hätten anfallen müssen, in keinerlei Beziehung mit den Szenen mit Opfern steht, die in anderen Videos gezeigt werden. Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Der behauptete Anschlag, wie er im Geheimdienstbericht beschrieben ist, hat sich nicht ereignet.»

    Postols Analyse macht deutlich, worauf sich eine internationale Untersuchung konzentrieren müsste. Wenn eruiert werden kann, wo sich die Opfer zum Zeitpunkt des Anschlags tatsächlich befanden, wird sich die Stichhaltigkeit des Geheimdienstberichtes rasch erweisen, der den USA als Rechtfertigung für die Bombardierung eines syrischen Militärflugplatzes diente.

     

    Postols Bericht (in englisch), samt Bildmaterial und Quellen: «The Nerve Agent Attack that Did Not Occur: Analysis of the Times and Locations of Critical Events in the Alleged Nerve Agent Attack at 7 AM on April 4, 2017 in Khan Sheikhoun, Syria»

     

    Freitag, 21. April 2017

  • oder mal den Blickwinkel ändern: https://www.rubikon.news/artikel/krieg-der-lugen

    • @SilenZ:

      Gut-danke für den Link

  • Fakt ist: ALLES ist möglich und denkbar in Syrien. Es kann Assad gewesen sein, es können aber auch irgendwelche "Rebellen" gewesen sein, denen entsprechendes Material in die Hände gefallen ist.

    Es könnte auch von der Türkei (wo SARIN hergestellt wird!) inszeniert worden sein. ALLES ist denkbar. Nichts Genaues weiß man nicht und Vermutungen sind keine Fakten. Das ist das Problem.

    • @Georg Dallmann:

      Das ist doch genau die Strategie der Desinformation - dass man am Schluss nur noch feststellen soll: Nichts Genaues weiß man. So sehe ich das nicht - auch in der Unschärfe lässt sich mit Logik, Erfahrung und Hinweisen arbeiten! Vor Gericht gibt es den Indizienbeweis - so geht es auch im Privatleben - Indizien müssen im Zweifelsfalle ausreichen - sonst sind wir Sklaven der Desinformation von z.B. Russland im Falle von Syrien.

      • @Georg Marder:

        "Vor Gericht gibt es den Indizienbeweis"

         

        An der Schuld des Angeklagten darf dann kein vernünftiger Zweifel bestehen.

         

        "Indizien müssen im Zweifelsfalle ausreichen"

         

        Im "Zweifelsfalle" wird von einem Gericht in d freigesprochen - von Ihnen offenbar so nicht gewünscht.

  • "Syriens und Russlands Regierungen hatten zunächst behauptet, der Luftangriff habe chemische Kampfstoffe der Rebellen freigesetzt" - es waren nicht nur die regierungen syriens und russlands, die einen luftangriff gegen ein waffenlager der rebellen als ursache angegeben haben, bei dem chemische gifte, die die rebellen eingelagert hatten, freigesetzt worden sei, sondern auch cia-veteranen, die auf ihre alte verbindungen setzen konnten: was sollte russland reiten, sich politisch nachsagen zu lassen, die vernichtung der syrischen chemiewaffen unter seiner aufsicht sei 2014 nicht vollständig erfolgt. dagegen wirken die versuche der us- und israelischen verteidigungsminister hilflos, ihre meinung über "alternativen fakten" ohne beweise zur gewissheit zu machen - kriegspropaganda aus der kehle von mordgesellen, die allenthalben das völkerrecht missachten, wer mag diesen figuren noch trauen ? warum lässt sich die taz von den propagandisten der ap/afp vor den karren spannen ohne kritische distanz ?

    • @hanuman:

      Man könnte meinen sie haben Angst davor dass Russen oder die Syrer hinter den Giftgasangriffen stecken könnten. Für mich gibt es keinen Zweifel und das schreibe ich ihner und den Lesern ganz klar. Assad ist ein Massenmörder, Heuchler usw. Wieviel Beweise wollen sie denn noch wieviel Zeit wollen sie durch ihre Untersuchungen denn noch gewinnen. Assad muß weg und dann endet der ganze Zauber, basta

      • @Alfredo Vargas:

        Ob Baschar al-Assad, der Staatspräsident Syriens, wirklich ein "Schlächter" ist, darf durchaus bezweifelt werden. Der Mann, der Medizin studierte und seine Ausbildung zum Augenarzt in London machte, hatte eigentlich gar nicht vor, Staatspräsident Syriens zu werden. Erst durch den Tod seines Bruders, Basil al-Assad, rückte er sozusagen in der "Thronfolge" an die erste Stelle. Hinter Baschar al-Assad steht natürlich die Familie al-Assad , das Netzwerk seines Vater und die Baath-Partei. Ohne diesen Rückhalt wäre Baschar al-Assad machtlos. Ihn als starken Herrscher, der autoritär, ganz alleine an der Spitze des Staates, Syrien regiert, zu bezeichnen, ist schlichtweg falsch! Baschar al-Assad galt als Hoffnungsträger für das syrische Volk. Dazu selbst bei Wikipedia: "Gleichzeitig galt er als gebildeter und sanfter „Reformer“, unter anderem indem er eine Antikorruptionskampagne leitete und vorsichtige Schritte unternahm, damit konstruktive Kritik innerhalb des Verwaltungsapparates möglich wurde." Wer ist Assad also wirklich? Bei der Beurteilung der Person Assad weicht die Darstellung in den westlichen Medien natürlich enorm vom der Darstellung in den russischen oder syrischen, iranischen, chinesischen oder einem Teil der südamerikanischen Medien stark von einander ab. Je nach Interessenslage (!) wird die Person Assad entweder als "Schlächter" der sein eigenes Volk dahin schlachtet oder als verantwortungsbewusster Staatspräsident, der sein Land zusammenhalten möchte, der für Religionsfreiheit steht und der nach und nach Reformen und mehr Demokratie für Syrien durchsetzen möchte, dargestellt. Eine objektive, neutrale Beurteilung dieser Person ist also in den Medien selten.

      • @Alfredo Vargas:

        "Assad ist ein Massenmörder"

         

        Sind nicht alle alle Konfliktparteien Massenmörder betrachten, die sich gegenseitig mit allen zulässigen und unzulässigen Mitteln umbringen wollen?

         

        Ein Sieg der Opposition führte doch absehbar zu Massenmord und Vertreibung unter den Assadisten sowie zu endlosem Chaos. Wer will das? Wem nutzt das?

         

        So schlimm das ist - friedensstiftende Mächte in Syrien sind nicht Israel, Türkei, EU und USA sondern Iran, Hamas und Russland.

         

        Ein Sieg Assads - einziger realistischer Weg zum Frieden - stärkt den Iran. Aussagen Israels und der USA zu Kriegsverbrechen Assads sind deswegen immer kritisch zu betrachten.

        • @A. Müllermilch:

          "Sind nicht alle Konfliktparteien Massenmörder?", schreiben Sie.

          Diese Undifferenziertheit die zu Egalität und Gleichgültigkeit führt finde ich nur noch zynisch.

          • @Georg Marder:

            "zynisch, Gleichgültigkeit"

             

            Denken wir uns Assad weg. Wer soll es denn dann richten? Von der Erdogan-Türkei unterstützte "moderate" Rebellen?

             

            Ich halte es in der Tat für völlig gleichgültig, wer diesen Krieg mit welchen Mitteln letztendlich gewinnt. Jede westliche Einmischung zu gunsten "moderater" Rebellen verlängert den Krieg und ist deswegen abzulehnen.

      • 8G
        81236 (Profil gelöscht)
        @Alfredo Vargas:

        Für dich ist Gegner Assad einfach in allen Belangen moralisch böße. Dessen bist du dir ganz gewiss, denn du siehst ja was seine von ihm verantwortete Gewalt für Leid in die Welt bringt. Die angewendete Gewalt der Gegenseite ist für dich gut, da ja gegen das Böße gerichtet, es ist die verständliche/notwendige Reaktion auf die Schlechtigkeit Assads. Nun gibt es viele, die die jeweiligen Zuschreibung in diesem Konflikt von gut und böße genau umkehren: Assad gut und FSA böße. Die jeweiligen Unterstützer der Konfliktparteien kommen nicht übereins, da niemand den andere Seite von seiner Schlechtigkeit überzeugen kann. Statt sich dieser sinnlosen Auseinanderstzung hinzugeben, plädiere ich dafür, sich mit den Gründen des Konflikts auseinander zu setzen, sich diese verständlich zu machen um so zur Einsicht zu gelangen, dass man keine der beiden Seiten ideel unterstützen sollte, da die von beiden Seiten begangenen Gewaltmaßnahmen jeweils kein gutes Ziel verfolgen. Ein gutes Ziel ist: Das einrichten einer Gesellschaft in der Gewalt als Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen nicht von nöten ist, sich die verschiedenen Interessen nicht mehr sich ausschließend gegenüberstehen. Um zu verstehen wie das geht, bedarf es natürlich eines kritischen Bewusstseins zu hiesigen Gesellschaftsform.

        • @81236 (Profil gelöscht):

          ... und böse schreibt man nur mit einfachem s: b ö s e

          • @noevil:

            ...und die ganz schlauen kacken keine Korinthen