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Krieg in LibyenItalien beteiligt sich an Angriffen

Italien will sich doch an den Luftattacken der Nato gegen Libyen teilnehmen. Die Nato hat einen Konvoi der Truppen Gaddafis bombardiert. Misrata bleibt stark umkämpft.

Zerstörtes Gelände in Tripolis. Bild: reuters

TRIPOLIS rtr/dpa/taz | Die Kämpfe um die westlibysche Rebellenhochburg Misrata dauern an. Die Truppen von Machthaber Muammar Gaddafi hätten in den westlichen Vororten Stellung bezogen und feuerten von dort in die Stadt. Die Lage der Menschen habe sich rapide verschlechtert, berichtete ein Sprecher der Rebellen. Das kleine Krankenhaus sei voller lebensgefährlich Verletzter. "Es ist unvorstellbar."

Eine ähnlich kritische Situation wird auch aus der entlegenen Bergregion an der Grenze zu Tunesien berichtet. "Unsere Stadt liegt im Dauerfeuer von Gaddafis Truppen", berichtete ein Flüchtling aus Kalaa, dem Zentrum des Berbergebiets. Die Besetzung des an Tunesien grenzenden Postens Dehiba-Wasin durch die Rebellen in der vergangenen Woche löste eine Fluchtwelle ins Nachbarland aus. Schätzungsweise 30.000 Menschen flohen nach Tunesien.

Nato greift Gaddafi-Konvoi an

Die Nato soll in Libyen einen Konvoi der Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi angegriffen haben. Unterstützer der Rebellen meldeten am Dienstag, der Militärkonvoi, zu dem Söldern gehört hätten, sei auf dem Weg in die Stadt Nalut südwestlich von Tripolis gewesen. Gaddafis Truppen hätten nach der Attacke mehrere verkohlte Leichen in den nahe gelegenen Militärstützpunkt Tidschi gebracht.

Die staatliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete dagegen, die Allianz habe von Kriegsschiffen aus angegriffen und ein Telefonkabel zerstört; anschließend seien die Verbindungen zwischen Sirte, Ras Lanuf und Al-Brega gekappt gewesen. In der Nähe von Al-Brega verläuft derzeit die Front zwischen den Aufständischen im Osten und den Truppen Gaddafis.

In Tripolis verschlechtert sich derweil die Versorgungslage. Ein Bewohner der Hauptstadt erklärte, Benzin und bestimmte Nahrungsmittel seien knapp geworden. Die Lebensmittelpreise seien in den vergangenen Tagen stark gestiegen.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist in Rom zu einem Krisengipfel über den Umgang mit Flüchtlingen aus Nordafrika eingetroffen. Das teilte der Elysée-Palast am Dienstag mit. Bei einem Treffen mit Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll es um das Schengen-Abkommen zur Reisefreiheit gehen. Der Streit zwischen den beiden Nachbarländern hatte sich an der Entscheidung der Regierung in Rom entfacht, Flüchtlinge aus Tunesien mit Visa auszustatten, die ihnen grundsätzlich eine Weiterreise in die anderen Schengenländer erlauben.

Italien beteiligt sich an Luftangriffen

Italien will sich nach Absprache mit den USA an Luftangriffen der Nato in Libyen beteiligen. Wie die italienische Regierung von Silvio Berlusconi am Montagabend mitteilte, wolle Rom seine Flugzeuge vor Ort nun auch bereitstellen "für gezielte Einsätze gegen Militärobjekte auf libyschem Territorium, um die Zivilbevölkerung zu schützen". Berlusconi habe dies nach einem Telefongespräch mit US-Präsident Barack Obama beschlossen, hieß es. Italien hatte bisher von Bombardierungen in seiner früheren Kolonie Libyen Abstand genommen.

Man habe sich zu der Teilnahme an den Nato-Einsätzen entschlossen vor allem angesichts der entsetzlichen Situation in der heftig umkämpften Stadt Misrata. Das erklärte der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa am Abend. Es werde sich jedoch "nicht um wahllose Bombardierungen handeln, sondern um gezielte Missionen mit Präzisionsbomben auf ausgewählte Objekte".

Italien hatte bisher Militärbasen sowie Flugzeuge zu militärischen Erkundungsflügen zur Verfügung gestellt. Andere Interventionen in Libyen waren zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, aber auch nie genauer spezifiziert worden. Wie Großbritannien und Frankreich hatte auch Rom in der vergangenen Woche angekündigt, die libyschen Regimegegner mit der Entsendung von Militärexperten zu unterstützen.

Armee zieht sich aus Misrata zurück

Der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte nach CNN-Angaben, die Armee habe ihren Rückzug aus Misrata fortgesetzt. Dabei sei sie von Rebellen angegriffen worden und hätte sich zur Wehr gesetzt. Ein Bewohner der drittgrößten libyschen Stadt sagte CNN, am Sonntag seien mindestens vier Menschen getötet worden.

Am Samstag hatte es zunächst geheißen, Gaddafis Truppen hätten den Befehl erhalten, sich aus Misrata zurückzuziehen. Ein Kämpfer der Rebellen in der Stadt sagte einem der neuen libyschen Fernsehsender, ein verletzter Soldat, der ihnen in die Hände gefallen sei, habe erklärt, die Truppen hätten tatsächlich den Befehl zum Abzug bekommen. Dies allerdings nur, um bei einem geplanten Raketenbeschuss keine Opfer in den eigenen Reihen zu riskieren. Am Sonntag seien mehrere Grad-Raketen auf Misrata abgeschossen worden.

Misrata liegt 210 Kilometer östlich von Tripolis und ist derzeit für die Aufständischen nur auf dem Seeweg zu erreichen. Die Versorgungslage in der drittgrößten libyschen Stadt ist sehr schlecht. Tausende afrikanische Gastarbeiter, Dutzende verletzte Kämpfer und Zivilisten wurden per Schiff in Sicherheit gebracht.

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2 Kommentare

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  • SN
    Sozialimus, neun danke!

    Tja, seinem sozialistischen Freund fällt man halt nicht in den Rücken............

    http://de.rian.ru/world/20110427/258957539.html

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wenn militärische Handlungen nicht vom UN- Beschluss zum Schutz der Bevölkerung getragen sind, stellen sie ein Verbrechen gegen das internationale Völkerrecht dar. Der internationale Gerichtshof in Den Haag wartet bereits auf das fliegende Verbrecherpack.