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Krieg in LibyenTripolis weiter unter Beschuss

Der libysche Ministerpräsident bittet um Gespräche über einen Waffenstillstand, die Nato ist skeptisch. Um die Hafenstadt Misurata sollen Gaddafis Truppen Minen ausgelegt haben.

Indische Flüchtlinge aus Misurata. Bild: reuters

BRÜSSEL dpa/afp | Die Nato hat sich skeptisch zu Berichten über einen erneuten Wunsch der libyschen Regierung von Machthaber Muammar al Gaddafi nach Verhandlungen über einen Waffenstillstand geäußert. "Sie haben vielleicht von einem Brief Gaddafis gehört. Der wurde nicht an die Nato geschickt", sagte Bündnissprecherin Oana Lungescu am Freitag in Brüssel. "Das Regime hat frühere ähnliche Erklärungen veröffentlicht und dann mit dem Beschuss von Zivilisten weitergemacht."

Der libysche Ministerpräsident Al-Baghdadi Al-Mahmudi hat nach Informationen am Rande des G8-Gipfels in Deauville in einem Telefongespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow um Hilfe bei der Vermittlung eines Waffenstillstandes sowie bei Verhandlungen ohne Vorbedingungen gebeten.

"Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Regime den Druck unseres Erfolges spürt", sagte der Kommandeur des Nato-Militäreinsatzes in Libyen, der kanadische Generalmajor Charles Bouchard. Die Nato werde ihre Angriffe fortsetzen.

Die libysche Hauptstadt Tripolis ist nach Angaben des Staatsfernsehens erneut von der Nato bombardiert worden. Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira in der Nacht zum Freitag berichtete, war von fünf starken Explosionen die Rede. Es sei ein Areal getroffen worden, das Machthaber Muammar al-Gaddafi benutzt. Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Die Nato fliegt seit zwei Monaten Angriffe auf Ziele in Libyen.

Kampfhubschrauber noch nicht bereit

Die von Frankreich und Großbritannien bereitgestellten Kampfhubschrauber seien noch nicht einsatzbereit, sagte Bouchard. "Wir sind noch dabei, ihre Fähigkeiten so zu gestalten, dass sie alles tun können, was wir brauchen", sagte der General. "Sobald das abgeschlossen ist, werden sie eingesetzt." Die Hubschrauber stünden unter Nato-Befehl. Sie seien zum Transport von Soldaten für einen Einsatz zu Lande nicht geeignet - ein solcher Einsatz werde auch von der Nato weiterhin nicht geplant.

Die Hubschrauber könnten aber auch dazu benutzt werden, um Informationen über mögliche Ziele aus geringer Höhe zu beschaffen. "Es ist sehr viel schwieriger, manche Dinge aus großer Höhe zu sehen."

Die Nato habe aus dem Balkankrieg gelernt, "dass schnelles Handeln auch effektives Handeln bedeutet". Die Verhaftung des bosnischen Serbengenerals Ratko Mladic sei auch ein Signal, dass es Gerechtigkeit gebe. "Das ist eine Botschaft an andere, die vielleicht auch die eigene Bevölkerung angreifen."

Nato: Misurata vermint

Die Nato wirft den Truppen des libyschen Machthabers Muammar el Gaddafi vor, die Umgebung der Rebellenhochburg Misurata vermint zu haben. "Wir haben heute morgen einen Bericht über ein Minenfeld um Misurata erhalten", sagte der Oberbefehlshaber des Libyen-Einsatzes der Nato, Charles Bouchard, am Freitag in einer aus Neapel übertragenen Video-Pressekonferenz. "Anti-Personen-Landminen wurden im Widerspruch zu internationalem Recht in der Umgebung von Misrata gelegt." Die Gaddafi-Truppen brächten dadurch bewusst die Bevölkerung in Gefahr.

Libysche Truppen belagern seit Wochen die strategisch wichtige Hafenstadt. Der Kanadier Bouchard verurteilte die mutmaßliche Aktion der Gaddafi-Truppen: "Minen unterscheiden nicht zwischen Kindern und Erwachsenen", sagte er. Die regierungstreuen Soldaten hatten bereits versucht, den Hafen Misuratas zu verminen.

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11 Kommentare

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  • V
    vic

    Die klammheimliche und enorme Dehnung des UN-Mandats (Flugverbotszone sichern) gibt mir zu denken.

    Erst gestern wurden die Luftangriffe der USA wieder verlängert.

    Was genau vespricht sich Obama von der Übernahme Lybiens?

    Aus humanitären Gründen wirft er nicht so viel Geld aus den Kampfjets, soviel ist sicher.

  • JK
    Jürgen Kluzik

    @ Henner Kroeper

     

    Zitat: "Repression gegen Andersdenkende ist ein zweischneidiges Schwert".

     

    Gewiss. Was 1996 im Abu-Salim-Gefängnis war, 1.200 Tote an einem Tag, im Gefängnishof von Handgranatenwürfen und Gewehrsalven zerfetzt, oder schwer verletzt langsam sterbend, und was Folter ist, das wissen die Angehörigen und die, die auf ihrer Seite sind, und vergessen es nie. Auch murder of djibril al-dinali. Auch daß der libanesische Imam Mussa al-Sadr von einer Reise nach Tripolis im Jahr 1978 nie zurückkam, wissen wir noch.

     

    Mir fällt da eine Geschichte von Antoine de Saint Exupery aus seinem Buch "Die Stadt in der Wüste" ein:

     

    Ein Mann kam zu meinem Vater, der Verhandlungen mit Gaddafi ablehnte, und meinte, dass man, wegen des Friedens, mit Gaddafi reden müsse. Und er führte viel gute Gründe dafür an. Ich aber, der ich jung war und für eine gewandte Rede empfänglich, schaute auf meinen Vater und zweifelte an der Durchschlagskraft seiner Antwort. So sehr hatten mir die angeführten Argumente eingeleuchtet. "Sag mir", fuhr der andere fort, "warum wiegen deine Argumente schwerer als meine?" "Meine Argumente" sprach mein Vater, "wiegen das Gewicht all der Köpfe, die ich im Namen Allahs abgeschlagen habe."

  • JK
    Jürgen Kluzik

    An linksfraktion.net - Betreff: Kontaktformular Internet

    Der Aufstand in Libyen und "linke" Leserkommentare in der "taz" und "spiegelonline" haben mich dazu gebracht, dass, wenn ich heute das Wort Sozialismus höre oder lese, ich nur noch an den nationalsozialistischen "Führer" Libyens, an einsperren, foltern, morden und an den Massenmord im Abu-Salim-Gefängnis in Tripolis denken kann. Kontakt zu solchen Sozialisten will ich nicht. Ich werde nicht noch mal Linkspartei wählen.

     

    Antwort: "Sehr geehrter Herr Jürgen Kluzik, haben Sie vielen Dank für Ihre Mitteilung. Ich akzeptiere Ihren Unmut, möchte Ihnen dennoch empfehlen, sich bei den Originalquellen zu informieren, um sich eine objektive Meinung bilden zu können. Keiner kann wissen, wie authentisch solche Kommentare sind. ... "

     

    Wenn Sie einen privaten Brief schreiben, und in einer Firma beschäftigt sind, setzen Sie dann den Namen und die Adresse der Firma unter Ihre Unterschrift?

     

    Ich war und bin in keiner Partei. Ich bin dafür zu anarchistisch. Und wählte und wähle nur, weil es auch immer kleinere Übel gibt, und Linkspartei, weil ich mit ihrer Innenpolitik übereinstimme. Dass sie Außenpolitik aktiv in Regierungsverantwortung mitgestaltet, ist ja wohl nicht aktuell.

     

    Zitat: "Stellen Sie sich vor, der Vatikan will die Zeit vor Napoleon wieder einführen. ..."

     

    Damit meinen Sie die Rebellenkönigsfahnen! Ich weiß nicht das geringste über den jetzigen Anwärter auf den Thron. Nur, dass er seit vier Jahrzehnten in einem demokratischen Land im Westen lebt. Vielleicht ist er drauf wie der König von Spanien, der viel für die Demokratie in Spanien tat, sich z.B. sich gegen einen Putschversuch faschistischer Militärs stemmte. Aber das ist eine jetzt unwichtige Gedankenspielerei. Wie groß wie jung oder alt diese Königsfraktion ist, keine Ahnung.

    Seltsam, dass Nichtlibyer darüber mitentscheiden wollen.

     

    Gaddafi ist ein selbsternannter "König der Könige", Afrikas und verglich sich in seinem "Testament" mit Saladin. David Volksmund sagt dazu: Eigenlob stinkt.

    Er will seinen Sohn al-Islam als Nachfolger bestimmen. Naja.

  • M
    mdarge

    @NATO_und_Bengazi-Clan_Seit_an_Seit, vielleicht haben Sie Recht und der Clan in Bengazi unterstützt den früheren König. Doch was einzig zählt, ist dass die UN und einzelne Staaten die Opposition als rechtmäßige Vertretung anerkennen. Auch die UN-Resolution 1973 gilt es umzusetzen.

     

    Das Ganze erinnert mich an Nicaragua. Daniel Ortega war der international unbeliebte Präsident, der 1990 abgewählt wurde. Da er sich friedlich die Macht an andere abgab, wurde er 2006 wiedergewählt.

     

    Muammar al-Gaddafi wurde nicht gewählt, sondern putschte sich an die Macht. Wie ZDF-History gestern gezeigt hat (http://history.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,1020218,00.html?dr=1) war er sowohl korrupt als auch an Terroranschlägen beteiligt.

     

    Demokratie, Humanität und Menschenrechte erfordern, dass Regimes von zeit zu Zeit abgelöst werden. entscheidend ist, dass Gaddafi zuerst auf Demonstranten schoss und sich erst danach der militärische Widerstand bildete. Die NATO kann zusehen oder sich auf eine Seite schlagen. Die Leute von Cyrenaica haben ein Recht auf Freiheit, in Tripolitanien wird man Gaddafi schnell vergessen haben. Gaddafis Zeit ist abgelaufen!

  • MM
    markic marijo

    Elke Reinke jezt kommen neue demokraten NATO und USA naturlich mit reine demokratische mittel.

  • HK
    Henner Kroeper

    Es gab keine freien Wahlen und Repression gegen Andersdenkende. Das Gaddafi-Regime regiert mit despotischen Mitteln. Wir stehen auf der Seite der Demokratiebewegung. ...

    Mit freundlichen Grüßen Elke Reinke

    Mitarbeiterin Medien und Öffentlichkeitsarbeit

    Fraktion DIE LINKE im Bundestag"

     

    Ist das nun Ihre persönliche Meinung oder die Ihrer Fraktion. Das mit der Repression gegen Andersdenkende ist ein zweischneidiges Schwert.

    Stellen Sie sich vor, der Vatikan will die Zeit vor Napolion wieder einführen. Das würden Sie dann O. K. finden. Ich nehme an Sie sind ehemaliges Wasg (?) Mitglied

    Sie können ja dann in das Nach Gaddafi Libyen umziehen.

  • HK
    Henner Kroeper

    Barak Obama > Barak Obomba > Barakl Obush

     

    Wann werden wir mal Bilder von Libyschen Gaddafi Unterstützern sehen, es gibt mehr als genug.

    Die scheinen in der freien Presse, zumindest im > bei Fuß < oder > at here to order < Deutschland verboten zu sein.

  • N
    Niedrahos

    Zum Schutz der Bevölkerung gegen die Gewalt von oben? Dann aber flugs Spanien, Georgien usw. bombardieren. Herr Obama hat es soeben gesagt. Der Westen dominiert die Welt!Recht ist, wie immer, was den Parasiten nutzt. Europa beginnt zu rumoren. Wann lassen sie hier schießen?

  • NU
    NATO und Bengazi-Clan Seit an Seit

    Zwischen den Clans im Westen Libyens, die überwiegend auf der Seite von Gaddafi stehen und den Clans in Bengazi und Tobruk, welche den früheren König unterstützt haben, kommt es seit Jahren immer wieder zu Scharmützeln. Die USA haben sich schon 1981 auf die Seite der Bengazi-Clans geschlagen. Jetzt versucht man uns zu verkaufen, das gesamte libysche Volk würde von Gaddafi unterdrückt, in Wirklichkeit fühlen sich die besagten oppositionellen Clans bei der Machtverteilung und dem Zugang zum Rohstoffreichtum benachteiligt. In Brutalität stehen sich BEIDE Kriegsparteien in nichts nach. Im Gegenteil: Lynchmorde der Rebellen gegen Anhänger Gaddafis und Schwarzafrikaner finden haufenweise in Bengazi oder Misurata statt, Vergleichbares wurde bisher nicht aus Tripolis berichtet. Wer also die Bengazi-Clans an die Macht bomben will, möchte damit die offene Unterdrückung der anderen Clans. Mit Demokratie, Humanität und Menschenrechten hat dies nun gar nichts zu tun. Die Kriegstreiber in den USA, GB und Frankreich wußten genau über die Umstände bescheid - waren sie es doch, welche die Rebellen-Clans unterstützt und bewaffnet haben. Sie haben die Weltöffentlichkeit belogen, damit sie einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führen können, um dann eine Marionettenregierung an die Macht putschen zu können.

  • JK
    Jürgen Kluzik

    "Sehr geehrter Herr Kluzik, ... Ich akzeptiere Ihren Unmut. ... Nur weil wir gegen den Krieg sind, sind wir nicht für Gaddafi. Er hat in Libyen einen Staatskapitalismus installiert. Das Regime ist korrupt und hat immer unnachsichtig jeden Protest unterdrückt. Die Macht ist unter Gaddafis Familienmitgliedern aufgeteilt - Söhne und Cousins wurden mit Posten versorgt. Es wurden keine politischen Parteien zugelassen. Es gab keine freien Wahlen und Repression gegen Andersdenkende. Das Gaddafi-Regime regiert mit despotischen Mitteln. Wir stehen auf der Seite der Demokratiebewegung. ...

    Mit freundlichen Grüßen Elke Reinke

    Mitarbeiterin Medien und Öffentlichkeitsarbeit

    Fraktion DIE LINKE im Bundestag"

  • E
    end.the.occupation

    Die NATO sagt dieses, die NATO sagt jenes.

    Genau - es ist ein NATO-Krieg - die humanitäre Staffage - die 'Rebellen'-Statisten - wird nicht einmal mehr ins Feld geführt.

     

    Dies ist ein ganz gewöhnlicher Raubüberfall europäischer Banditen auf einen Staat, in dem grössere Ölreserven vermutet werden. Ein krimineller Akt westlicher Barbaren, an dem Deutschland mit eigenen Truppen beteiligt wäre wenn es nach De Maiziere ginge, der gerade heute im Bundestag der Welt den Krieg erklärt hat.

     

    Merkel will, soll und kann nun ihre Schläger in Uniform in alle Welt aussenden - sagt De Maiziere -, wenn das in 'unserem nationalen' Interesse ist.

    Und das natürlich mit der Billigung aller Parteien im Bundestag - mit Ausnahme der Parias von der LINKEN natürlich.