■ Krieg in Angola: Der UNO-Sicherheitsrat ist „zutiefst besorgt“: Eine absehbare Katastrophe
Der Verweis ist deutlich: Tatenlos sehe die Völkergemeinschaft der humanitären Katastrophe in Angola zu, beklagen sich UN-Beamte in einem Bericht an den Weltsicherheitsrat. 1,7 Millionen Menschen seien auf der Flucht, die Versorgungslage sei verheerend. Die Konsequenzen: Hunderte Tote täglich und eine weitere Destabilisierung der Region. Der Rat zeigte sich „zutiefst besorgt“ – wie erwartet. Der Krieg geht indessen weiter, unbemerkt von der mit sich selbst beschäftigten westlichen Welt.
Als die UNO im Februar dieses Jahres einsehen musste, dass eine weitere Afrika-Friedensmission grandios und teuer gescheitert war, war der Bürgerkrieg zwischen Unita-Rebellen und Regierung längst wieder in vollem Gange. Schon damals waren Hunderttausende auf der Flucht, die Versorgung katastrophal. Und es war auch klar, dass Jonas Savimbi militärisch und wirtschaftlich weitaus stärker war, als man in der Regierung zugeben wollte – und ihm Sanktionen kaum etwas anhaben können.
Die längst zum Spielball zwischen den beiden Mächten gewordene UNO zog trotzdem ihre letzten Blauhelme ab. Das mag konsequent gewesen sein. Nun aber über die absehbaren Folgen überrascht zu sein, ist nur ein weiteres Beispiel für das bekannte Dilemma der UNO. Friedensmissionen in Afrika haben sich als weitaus komplizierter erwiesen, als es von den New Yorker Büros aus aussehen mag – erst recht, wenn die Protagonisten gar keinen Frieden wollen. Hätte die UNO früher reagiert und ihren Auftrag wahrgenommen, versänke Angola möglicherweise nicht wieder im Krieg. Jetzt aber muss sich die UNO nicht nur Versagen vorwerfen lassen, sondern auch, den Kriegstreibern auf beiden Seiten in die Hände zu spielen. Denn indem UNO-Organisationen wie das Welternährungsprogramm WFP der Unita genauso wie dem angolanischen Staat die Verpflichtung abnehmen, ihre Bevölkerung durchzufüttern, versetzen sie beide in eine Lage, den Krieg unbegrenzt weiterführen zu können.
Politisch aber bleibt Angola sich selbst überlassen – und das ist das größte Versagen. Weder die UNO noch andere internationale Organsiationen unternehmen auch nur den kleinsten Vermittlungsversuch, um zu einer politischen Lösung des Konflikts zu kommen. Niemand will sich mehr blamieren, niemand mit dem zum Kriegsverbrecher erklärten Savimbi verhandeln. Der Preis dafür ist hoch: Der Krieg geht weiter, mit den bekannten Folgen. Ein weiterer trauriger Fall in Afrika eben. Kordula Doerfler
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