piwik no script img

Krieg im SudanKampf um Ölregion

Schwere Kämpfe erschüttern die zentralsudanesische Region Abyei, deren Zugehörigkeit zu Nord oder Süd ungeklärt ist. Sie belasten die Gespräche zur Teilung des Landes.

Ungeklärter Status: Die ölreiche Region Abyeis. Bild: dapd

NAIROBI taz | Die Frage ist nicht, ob das sudanesische Pulverfass Abyei explodiert, sondern wann. Immer öfter kommt es zu Kämpfen in dem zwischen Nord- und Südsudan umstrittenen Gebiet, in den letzten Tagen kamen sicher 100 Menschen ums Leben. Ungefähr 25.000 Einwohner, meist Frauen und Kinder, sind bereits geflohen.

Die rivalisierenden Völker der Ngok-Dinka und Misseriya werden von den Armeen Nord- bzw. Südsudans unterstützt. Südsudan stimmte bei einer Volksabstimmung im Januar für die Unabhängigkeit, der Status Abyeis blieb aber ungeklärt. Bevor Südsudan am 9. Juli offiziell unabhängig wird, muss klarsein, wohin die ölreiche Region gehört. Das ist nicht zuletzt eine Prestigefrage für Khartum und Juba.

"Abyei kann den Frieden zwischen Nord und Süd zerstören", meint der US-Schauspieler und Friedensaktivist George Clooney. Sein Satellite Sentinel Project (Satellitenüberwachungsprojekt) zeigt Bilder von brennenden Dörfern in Abyei während der letzten Kämpfe. "Die Satellitenbilder zeigen wie systematisch die Bevölkerung das Ziel der Gewalt ist".

Am Montag treffen sich in Khartum der nordsudanesische Präsident Omar al-Bashir und sein Kollege aus dem Südsudan, Salva Kiir, um über ungelöste Probleme wie Abyei zu sprechen. Dazu gehören auch der genaue Grenzverlauf, die Aufteilung der Öleinnahmen und der Umgang mit Sudans Auslandsschulden von mehr als 25 Milliarden Euro.

Wichtiger als das Öl sind Gras und Wasser

Auch in Abyei gibt es Ölquellen, aber die produzieren immer weniger. Wichtiger sind das Gras und das reichliche Wasser im Gebiet. Seit Jahrhunderten ziehen die Hirten der Misseriya, ein arabisches Volk aus dem Norden, jedes Jahr für einige Monate nach Abyei, um ihr Vieh weiden zu lassen.

Wo und wie lange wird jedes Jahr mit den Ngok-Dinka verabredet, die das ganze Jahr über im Gebiet leben. Momentan lassen die Ngok-Dinka die Misseriya nicht hinein. Sie wollen damit demonstrieren, dass Abyei zum Süden gehört. Das Vieh der Hirten droht zu sterben, wenn nicht bald eine Lösung kommt.

Die Feindschaft zwischen beiden Völker war auch schon während des 2005 beendeten Kriegs zwischen Nord- und Südsudan virulent. Misseriya-Milizen kämpften mit der nördlichen Armee gegen die Rebellen im Süden, die zum Teil von Ngok-Dinka-Kommandeuren geführt wurden.

Waffenlieferungen auch nach Friedensschluss

Die britische Gruppe "Small Arms Survey" verfügt nach eigenen Angaben über geheime sudanesische Militärdokumente, die bestätigen, dass Khartum die Misseriya auch nach dem Friedensschluss von 2005 bewaffnet hat. Aus den Dokumenten wird laut Small Arms Survey klar, dass der Norden eine Strategie hat, wonach "reguläre und nicht reguläre Truppen" die Ngok-Dinka mit Gewalt aus Abyei vertreiben sollen.

Nach Angaben der UN-Friedenstruppen in Sudan gingen die jüngsten Kämpfe von den Misseriya aus. Sie sind verärgert über die Anwesenheit von Polizisten aus dem Süden, ehemalige Kämpfer der einst von den Misseriya bekämpften und jetzt im Südsudan herrschenden Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA). Eigentlich war nämlich abgemacht, dass die SPLA ihre Polizisten aus Abyei zurückzieht.

"Wenn Khartum es gut meint mit dem Frieden, hätte es nicht die ganze Region mit Waffen versorgt", sagt Charles Abyei, Sprecher von Abyeis Regionalparlament. "Die Regierung im Norden hat nur ein Ziel, und das ist, Abyei zu behalten."

Vor kurzem sprachen Nord- und Südsudan in Äthiopien über die zukünftige Verteilung der Schuldenlast. Der Süden findet, das ist ein Problem der Regierung in Khartum. Aber Pagan Amum, Generalsekretär der südsudanesischen Regierungspartei SPLM, sagte: "Wir können dem Norden helfen, Lösungen für die Schuldenlast zu finden, aber das hängt davon ab, wie bereit der Norden ist, mit uns zusammenzuarbeiten und Probleme wie Abyei zu lösen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!