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Kreuzzügler Chirac

■ Frankreichs Präsident übt nach Teststopp Schulterschluß mit den USA

Washington (dpa/wps) – US- Präsident Bill Clinton und Frankreichs Staatschef Jacques Chirac wollen das „historische Bündnis“ ihrer beiden Länder ausbauen und auf einen umfassenden Atomteststopp in diesem Jahr hinwirken. „Frankreich ist ein starker Partner in dem Kreuzzug“ für einen Nuklearteststopp, sagte Clinton am Donnerstag nach seinen Gesprächen mit Chirac in Washington. „Mit Frankreich auf unsere Seite sind die Aussichten auf einen Erfolg beträchtlich größer geworden.“ Clinton begrüßte auch „die jüngste französische Entscheidung, näher an die militärische Seite der Nato zu rücken, ein Schritt, der unser Bündnis stärken wird“.

Chirac hatte zuvor vor dem US- Kongreß zu einer Reform der Nato aufgerufen, die den Europäern mehr Verantwortung gebe. Vor dem Kongreß betonte er: „Für die USA ist Europa lebenswichtig für die eigene Sicherheit. Und für eine starke Allianz muß Europa stark sein.“ Er schlug vor, eine neue „Transatlantische Charta“ für die Nato auszuarbeiten. In der etwa halbstündigen Ansprache vor beiden Häusern des Kongresses versprach Chirac unter starkem Beifall, daß Frankreich seine Nuklearversuche „ein für allemal“ beendet habe, und rief zu einem umfassenden Teststoppvertrag auf. Chirac rief ferner zu verstärkter Hilfe für die Dritte Welt auf und kritisierte dabei die USA, die ihre Entwicklungshilfe derzeit kürzen. Im Gegenzug hatten US-Beamte die französische Weigerung kritisiert, US-Vorschlägen für verstärkte internationale Bemühungen im bürgerkriegsgeschüttelten Burundi zuzustimmen.

Chirac hielt seine Rede vor nur etwa 100 Abgeordneten. Eine Reihe demokratischer Abgeordneter hatten ihn wegen der Atomtests boykottiert, und auch viele Republikaner blieben dem Ereignis fern. Während die Republikaner dafür sorgten, die leeren Plätze auf ihrer Seite gemäß dem Brauch des Hauses mit zwangsverpflichteten Kongreßmitarbeitern zu füllen, kümmerten sich die Demokraten nicht um diese ansonsten übliche Höflichkeit, die Staatsrednern die Illusion eines Massenpublikums vermitteln soll.

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