Kreuzberg: Burger-Kette nervt Anwohner
Die erste McDonalds-Filiale in Kreuzberg ist Anwohnern ein Dorn im Auge. Sie beklagen nächtlichen Lärm vom Parkplatz - und den Gestank des Burgerbraters. Jetzt lässt das Amt den Geruch messen.
Birgit Rau kriegt alles aus erster Hand mit. Sie weiß, wann bei McDonalds in Kreuzberg der Laden brummt. Wenn es im Oberstufenzentrum gegenüber zur Pause klingelt oder wenn nach der Arbeit viele Leute am Autoschalter vorfahren, um "ihr Abendbrot zu holen", wie die Rentnerin sagt. Am Monatsanfang kämen mehr Kunden als am -ende, und auch vor Fußballspielen sei mehr los. Birgit Rau entspricht keinesfalls dem Klischee der alten Frau mit dem Kissen am Fenster, die teilnahmslos das Leben draußen beobachtet. Sondern sie ist Leidtragende des Neubaus vor ihren Fenstern. Der Parkplatz mit dem Drive-in ist laut, und die Abluftwolke stinkt bis zu ihr hoch in den dritten Stock.
Die Wohnung der Familie Rau befindet sich im Postgebäude keine fünf Meter vom Parkplatz entfernt. "Ich kann kein Fenster öffnen, sondern muss erst schnuppern, ob die Luft rein ist. Dann ist es das Beste, am Fenster stehen zu bleiben, denn wenn der Wind dreht, hat man den Gestank in der Wohnung." Birgit Rau winkt ab. In der letzten Nacht hätten drei Jugendliche auf dem Parkplatz rumgegrölt, erzählt sie. "Ich wurde um zwei wach und bin um halb sechs erst wieder eingeschlafen." Die Rentnerin ist genervt. Anfangs hat sie sich beim Umweltamt beschwert, mittlerweile ruft sie die Polizei.
Der Meteorologe André Förster hat für die Bürgerinitiative gegen McDonalds in Kreuzberg die Lärm- und Geruchsbelastung untersucht. In dem Gutachten kommt er zu dem Ergebnis, dass den Anwohnern weder der Krach noch der Gestank zumutbar sei. "Gerade der Betrieb auf dem Parkplatz stört die Nachtruhe und steht in keinem Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Nutzen", sagt Förster.
Das Umweltamt im Bezirk nahm Försters Studie zum Anlass für eigene Schall-Untersuchungen und hat daraufhin den Parkplatz nachts schließen lassen. Der Fast-Food-Konzern legte Widerspruch ein. Bis zur Anhörung beim Umweltamt, zu der McDonalds ein eigenes Lärmgutachten präsentieren will, bleibt also alles beim Alten. Der Burgerbrater hat weiterhin 24 Stunden geöffnet und "macht durch", wie der Werbeaufkleber verrät. Firmensprecherin Nelli Kunkel verweist auf ein Schild am Autoschalter, womit der Konzern seine Kunden auffordert, abends nach neun beim Warten den Motor abzustellen. McDonalds versucht zu beschwichtigen und gibt sich verständnisvoll.
Währenddessen will das Umweltamt nun auch wegen des Gestanks Messungen durchführen. "Geruchsuntersuchungen sind aber ein langer Prozess", sagt Jutta Kalepky, Baustadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg. Diese verlangten häufige Messungen über einen längeren Zeitraum. Ergebnisse zögen sich hin. Die Probleme wegen des Lärms und Geruchs seien allerdings absehbar gewesen, meint André Förster. "Das Bau- wie das Umweltamt wusste von den Anwohnern im Postgebäude. Da hätte es bereits bei der Vergabe der Baugenehmigung Auflagen erteilen müssen." Beim Bauantrag konnte McDonalds jedoch ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren anwenden und damit eine genaue Prüfung des Vorhabens umgehen. Dafür kann der Konzern nun als Betreiber in die Pflicht genommen werden, erklärt Stadträtin Kalepky. "Wenn die Messungen Försters Prognose jetzt bestätigen, muss es halt noch Nachbesserungen geben."
Pikant an der Sache ist, dass McDonalds Beschwerden der Anwohner offenbar von Anfang an einkalkuliert hat. Denn ein erstes Treffen mit der Familie Rau gab es schon, bevor die Filiale im Wrangelkiez eröffnet wurde. Da habe der Konzern den Raus eine finanzielle Unterstützung zugesagt, wenn sie sich eine andere Bleibe suchten. "Das Angebot schlugen wir aber aus", erzählt Birgit Rau. Dafür schloss sie sich der Bürgerinitiative an.
Seit 42 Jahren wohnt sie nun schon im Postgebäude, und ihren Lebensabend wollen sie nicht im Frittiergeruch verbringen. Birgit Raus Forderungen sind ganz pragmatisch: Der Parkplatz soll nachts geschlossen werden, und es muss ein höherer Schornstein gegen den Gestank errichtet werden.
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