Kretschmann kämpft gegen Trinkgelage: Schwaben sollen zuhause saufen
Trotz eindeutiger Beschlüsse will Baden-Württembergs Ministerpräsident den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen verbieten. Das ist rechtlich umstritten.
BERLIN taz | Eigentlich ist die politische Lage klar: Die in Baden-Württemberg regierenden Parteien Grüne und SPD lehnen beide mehrheitlich ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen ab. Doch das scheint in diesem Fall für den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und seinen Innenminister Reinhold Gall (SPD) keine allzu große Rolle zu spielen. Trotz entsprechender Parteitagsbeschlüsse lassen sie die Debatte über ein Verbotsgesetz nicht ruhen – im Gegenteil.
Am späten Donnerstag hatte Kretschmann zu einem Runden Tisch ins Staatsministerium in Stuttgart geladen, an dem unter anderem VertreterInnen von Parteien, der Städte und der Polizei teilnahmen. Unter dem Titel „Lebenswerter Raum“ sollte diskutiert werden, wie „Alkoholexzesse“ eingedämmt werden können. „Wir können nicht länger zuschauen“, sagte Kretschmann.
Nun soll zunächst eine Arbeitsgruppe die im Raum stehenden Vorschläge erörtern – etwa verlängerte Sperrzeiten, stärkere Besteuerung von Alkohol oder Platzverbote für einzelne Personen für ein Jahr. Und trotz des innerparteilichen Widerstands bleibt auch das Alkoholverbot auf der Tagesordnung.
„Ich fühle mich nach dem Gespräch in meiner ablehnenden Position absolut bestätigt“, sagte der grüne Landeschef Chris Kühn zur taz. Nicht nur, dass er ein Verbot für „verfassungsrechtlich sehr problematisch“ halte. „Für mich ist auch klar, dass Parteitagsbeschlüsse gelten. Ich erwarte, dass eine Landesregierung zur Kenntnis nimmt, dass es keine politische Mehrheit gibt, und sich daran orientiert.“
„Keine Schnellschüsse“
Ähnlich sieht es auch die baden-württembergische SPD-Generalsekretärin Katja Mast. „Wir sind ganz froh, dass es keine Schnellschüsse gibt“, sagte Mast am Freitag der taz. „Diskutieren und eine Meinung haben darf jeder.“ Doch Kretschmann und Gall wüssten, dass es zum Alkoholverbot eindeutige Parteitagsbeschlüsse gibt.
Diese stellen aber für den grünen Regierungschef keine unüberwindbare Hürde dar. „Das wäre nicht der erste Parteitagsbeschluss der Welt, der wieder geändert wird“, sagte er am Donnerstag nach dem runden Tisch.
In Baden-Württemberg gab es bislang nur im Freiburger Ausgehviertel ein Alkoholverbot. Dieses wurde jedoch im Jahr 2009 vom Verwaltungsgerichtshof wieder kassiert. Begründung der Richter: Eine gesetzliche Grundlage fehle. In Göttingen wiederum gilt teilweise ein Alkoholverbot, das erst Ende vergangenen Jahres vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt worden war.
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