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Kreml geht - Papst kommt

■ Auf die Kreml-Bonzen folgt die Macht des Klerus / Von Jan Novotny, Student an der Berliner Humboldt-Universität

Berlin (taz) - Die Vorbereitungen zum bevorstehenden Papstbesuch erinnern an alte Zeiten, als sich Prag für den Besuch irgendeines Kreml-Bonzen rüstete. Gerade sind wir aus dem kommunistischen Alptraum erwacht, aber jetzt muß wegen des hohen Gastes wieder alles stehen- und liegenbleiben.

Das Letna-Gelände ist seit Wochen gesperrt, um alles für den Tag „T“, den Tag des Besuchs vorzubereiten. Dort wird dann, statt wie früher die leninistische, die katholische Messe zelebriert werden. Kaum ist der Kommunismus abgeschafft, sollen die Menschen auch schon wieder das Knie beugen vor einer Macht, die ebenso autoritär und intolerant ist wie die vorherigen Machthaber. Das Gedächtnis der Menschen ist so erschöpft, daß es sich vorhergehender Verbrechen nicht mehr erinnert.

Bevor die kommunistische Gegenreformation nach 1968 die tschechische Nation fast zugrunde richtete, hat die katholische nach dem dreißigjährigen Krieg schon dasselbe mit dem gleichen Erfolg versucht. Der Papst wird auf dem Letna über Solidarität und Würde predigen, aber einer seiner Vorgänger hat vor fünfzig Jahren die Waffen gesegnet, die der Unabhängigkeit der Tschechoslowakei ein Ende gesetzt hatten.

Zwei verschiedene Ideologien, zwei Mächte, die beide daran Schuld haben, daß die Tschechen in ihrer neueren Geschichte nicht viel zu lachen hatten. Heute hat die Welt das Böse vergessen, das die ältere dieser Mächte verschuldet hat. Was werden künftige Generationen vom Kommunismus wissen, nachdem er längst abgeschafft worden ist?

Jan Novotny, Student der Germanistik, Humboldt Uni

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