Kreditklemme des Bundespräsidenten: Wulff weiter abgewertet
Die Opposition fordert vom Bundespräsidenten die "Wiederherstellung" seiner Glaubwürdigkeit. Wulff selbst wendet sich gegen das anhaltende "Staub aufwirbeln".
BERLIN afp | Die Opposition sieht Bundespräsident Christian Wulff wegen des umstrittenen Privatdarlehens dazu verpflichtet, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
"Es liegt jetzt an Herrn Wulff, seine Glaubwürdigkeit durch klare Aussagen schnell wiederherzustellen", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann der Bild am Sonntag. Auch die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einer "Bringschuld" Wulffs.
Wulff äußerte sich am Samstagabend indirekt zu dem Privatkredit. "Man muss selber wissen, was man macht und das muss man verantworten", sagte Wulff dem Sender MDR Info nach der Aufzeichnung einer Fernsehsendung in Wittenberg. "Und das kann ich. Und das ist das Entscheidende."
Nach Informationen der Bild am Sonntag verließ der Bundespräsident jedoch am Freitagabend ungewöhnlich schnell seinen Platz bei der Weihnachtsfeier im Bundespräsidialamt. "Am Wochenende wird es kritisch genug", habe Wulff gesagt.
Wulff steht wegen eines Privatkredits zum Kauf eines Eigenheims in Höhe von 500.000 Euro in der Kritik, den er von den vermögenden Eheleuten Edith und Egon Geerkens erhielt. "Das Staatsoberhaupt darf nicht im politischen Zwielicht stehen", sagte der SPD-Vorsitzende in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner, Handelsblatt online. Wulff müsse die neuerlichen Vorwürfe "schnell, eindeutig und vollständig" ausräumen.
"Wulffs Bringschuld"
Wulff hatte am Donnerstag wegen der Vorgänge um den Privatkredit sein Bedauern ausgedrückt. Am Freitag waren neue Fragen laut geworden. Nach einem Bericht des Spiegel"kam der Immobilien-Kredit entgegen Wulffs Angaben doch vom Unternehmer Egon Geerkens selbst. Wulffs und Geerkens' Anwälte bekräftigten dagegen, der Kreditvertrag sei mit Geerkens' Frau Edith geschlossen worden, alle Zahlungen seien über ihr Konto erfolgt.
"Die Bürger freuen sich darüber, wenn man sein Amt ausübt, wahrnimmt, ernst nimmt", sagte Wulff gegenüber MDR Info. Das sei eigentlich das Wichtige, das Wesentliche, "dass man die Dinge bewertet, beurteilt und dann dazu steht und dann auch unterscheidet, wo ist etwas real und wo ist etwas mit sehr viel Staub aufwirbeln verbunden". Das müsse man voneinander trennen.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bemängelte in der Bild am Sonntag, bestimmte Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Kredit würden "als angeblich neue Fragen gehandelt". Das führe dazu, dass "durch Verlängerung längst behandelter Fragen das Amt des Bundespräsidenten" beschädigt werde. Künast sagte hingegen, die Bürger hätten "ein Recht zu wissen, was war". Das sei "Wulffs Bringschuld".
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy verglich Wulff mit Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Er habe den Eindruck, dass "die ganze Misere dadurch deutlich vergrößert wird", dass "immer nur gerade von den Amtsinhabern, Guttenberg oder Wulff, tagesaktuell das zugegeben wird, was man ihnen nachweisen kann", sagte Edathy, der Mitglied im Rechtsausschuss des Bundestages ist.
Guttenberg war im März wegen einer Plagiatsaffäre um seine Doktorarbeit zurückgetreten. Er hatte anfänglich jegliche Schuld von sich gewiesen, dann aber Fehler eingeräumt.
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