Krawalle in Polen: Wasserwerfer am Unabhängigkeitstag
Bei Straßenschlachten werden rund 90 Linksautonome verhaftet - darunter Deutsche. Der rechtsnationale Politiker Kaczynski macht unter ihnen einen "bestimmten Typ" aus.
WARSCHAU taz | Brennende Polizei- und Fernseh-Übertragungswagen, Tränengas und Wasserwerfer - eine solche Straßenschlacht hat Polens Hauptstadt lange nicht mehr gesehen. Am Unabhängigkeitstag Polens, dem 11. November, zogen rund 7.000 zumeist rechtsradikale Demonstranten und Hooligans aus dem ganzen Land durch Warschau.
Ihnen stellten sich rund 2.000 zumeist linksliberale und linke Demonstranten entgegen. Darunter auch Autonome Linke aus Deutschland. Der "schwarze Block" wurde dann prompt von Polens Medien an allen "Brennpunkten" gesichtet, bis am nächsten Tag klar wurde, dass die Polizei rund 90 Linken verhaftet hatte, bevor die Demonstration richtig losging.
"Wir haben von Anfang an mit der deutschen Polizei zusammengearbeitet", erklärte Polens Innenminister Jerzy Miller im Privatsender TVN. Bereits an der Grenze habe die polnische Polizei die Beobachtung der Busse übernommen, diese gestoppt und auf Waffen untersucht. Da nichts gefunden wurde, konnten die Busse mit den Deutschen bis nach Warschau durchfahren.
Zum Demonstrieren kamen sie nicht mehr. Denn kaum hatte einer von ihnen auf die napoleonische Uniform eines verkleideten Polen gespuckt und so ein kleines Handgemenge ausgelöst, griff die Polizei zu. Sie verhaftete fast den gesamten "schwarzen Block".
Stein- und Flaschenhagel
Vielleicht gelang es dem einen oder anderen, zu flüchten und dann doch noch ein paar Steine zu werfen oder eine rote Rakete zu zünden. Aber als in Polens Innenstadt Autos brannten und Polizisten gegen einen Stein- und Flaschenhagel kämpften, saßen die meisten der aus Deutschland angereisten Demonstranten bereits im Arrest.
Auch als dies bereits bekannt war, nahm der rechtsnationale Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski seine schweren Vorwürfe vom Vortag nicht zurück. "Am polnischen Unabhängigkeitstag prügelten Deutsche Polen allein dafür, dass sie nationale Symbole trugen." Bei diesen Deutschen handele es sich um einen ganz bestimmten Typ des Deutschen, so Kaczynski. "Ich denke, dass ein ähnlicher Menschentyp einst den Apparat schuf, der es Hitler erlaubte, seine entsetzlichen Verbrechen zu begehen."
Dass die Linken von der Antifaschistischen Bewegung gegen Rechte vorgehen wollten, interessierte Kaczynski nicht. Inzwischen sind die meisten der verhafteten Deutschen wieder auf freiem Fuß. Die wahren Täter aber waren Polens ureigene Rechtsradikale und Hooligans.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden