Krankheit von Hugo Chávez: Die Platzhalter des Präsidenten
Was passiert, wenn Hugo Chávez den Amtseid als Präsident nicht ablegen kann? Für seine Parteifreunde ist klar: Chávez wird trotzdem Präsident.
BUENOS AIRES taz | Über Venezuelas politische Zukunft wird derzeit spekuliert wie sonst über den Ölpreis an den Warenterminbörsen. Anlass dazu bietet nicht nur der Gesundheitszustand des amtierenden Präsidenten Hugo Chávez, der nach einer Krebsoperation in Kuba immer noch im Krankenhaus liegen soll, sondern auch das Zaudern der politischen Führungsriege in Caracas, öffentlich zu sagen, was am 10. Januar geschehen soll.
Gemäß der Verfassung muss der wiedergewählte Präsident an diesem Datum seine neue sechsjährige Amtszeit antreten. Doch nach allem, was bekannt ist, wird Hugo Chávez am Donnerstag vor der Nationalversammlung in Caracas den Eid für seine vierte Amtszeit nicht ablegen können.
Zumindest nach außen zeigt das derzeitige Führungsduo aus Vizepräsident Nicolás Maduro und dem Präsidenten der Nationalversammlung, Diosdado Cabello, Geschlossenheit. Für beide heißt der gegenwärtige und auch zukünftige Präsident Hugo Chávez. Maduro, von Chávez selbst noch vor seiner Operation am 11. Dezember zu seinem Nachfolger bestimmt, nannte die anstehende Vereidigung eine „Formalität“, die auch später vor dem Obersten Gerichtshof vorgenommen werden könne.
Parlamentspräsident Cabello rief die Bevölkerung für den 10. Januar zu einer Großkundgebung vor dem Präsidentenpalast Miraflores auf und kündigte den Besuch mehrerer Staats- und Regierungschefs an. Damit solle die richtige Antwort auf die falschen Gerüchte und Destabilisierungsversuche aus dem In- und Ausland gegeben und die Solidarität mit dem Comandante ausgedrückt werden.
„Für eine Minderheit ist der 10. Januar ein neuer 11. April“, sagte Cabello und beschwor damit den 11. April 2002, als Chávez für knapp 48 Stunden aus dem Präsidentenamt geputscht wurde und erst nach Massenprotesten wieder zurückkehren konnte.
„Keine absolute Abwesenheit“
Cabello machte zudem klar, dass er das Amt des Staatspräsidenten nicht übernehmen werde. „Chávez befindet sich mit Erlaubnis der Nationalversammlung im Ausland“, so Cabello, und wenn er zurückkomme, könne er verfassungskonform vor dem Obersten Gerichtshof den Amtseid ablegen. „Wir können keine absolute Abwesenheit feststellen“, erklärte er. Dann müsste Cabello die Amtsgeschäfte übernehmen und innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen anordnen.
Für die politische Opposition ist der Schulterschluss von Cabello und Maduro lediglich eine große Show. „Unter Verrätern gibt es eine Grundregel: So lange umarmen, bis man den Dolch hineinstechen kann“, sagte Julio Borges, Abgeordneter der oppositionellen Primero Justicia und Koordinator des Oppositionsbündnisses „Tisch der Einheit“. „Und genau das erleben wir gegenwärtig in der regierenden sozialistischen Partei.“
Eine Amtsverlängerung für den Präsidenten lehnte er ab. Schon jetzt lebe das Land mit der absoluten Abwesenheit. Die Parteispitze der Sozialisten solle sich an die Verfassung halten und die Wahrheit über den Gesundheitszustand des Präsidenten sagen, so Borges.
Über den tatsächlichen Gesundheitszustand von Chávez ist nur wenig bekannt. Nach dem Bericht des Informationsministers Ernesto Villegas von Montag befindet er sich in einem stabilen Zustand – wörtlich: in einer „stationären Situation“ – und spricht auf die strenge Behandlung gut an. Noch am Wochenende hatten die Meldungen über eine Atemnot als Folge einer Lungenentzündung heftige Schlagzeilen und neue Spekulationen über sein Ableben ausgelöst.
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