Krankenkassen subventionieren Technik: Symbiotische Werbestrategie
Wie aus Taschentüchern Tempos wurden, aus Windeln Pampers und aus Subventionen für Fitnessbänder Werbung für IWatches.
Krankenkassen möchten Mitgliedern, die eine Smartwatch oder ein Fitnessband kaufen, einen Zuschuss von 50 bis 250 Euro zahlen. Denn die Geräte könnten dazu ermuntern, gesünder zu leben. Und vielleicht lassen sich auch ein paar Gesundheitsdaten abgreifen. Was aber bereits jeder aufgeklärte Kassenpatient weiß. Datenschützer schlagen seit längerem Alarm.
Alarm auslösen können auch einige Medienberichte über die Pläne der Kassen. Denn die subventionieren scheinbar nur ein einziges Produkt: die Apple-Watch. Die FAZ titelt „Erste Krankenkasse zahlt für Apple Watch“, die Süddeutsche: „Zuschuss für die Apple-Watch“ und die Welt: „Diese Krankenkassen bezuschussen die Apple Watch“. Hat Apple jetzt auch schon die Kassen bestochen?
Nein, der Konzern erntet lediglich die Früchte seiner jahrelangen Arbeit. Immer wieder hat es Apple geschafft, aus seinen Produktpräsentationen „Events“ zu machen. Bei jedem neuen Produkt campten die Fans vor den Geschäften, um die „Must-Haves“ zu ergattern. Und auch viele Journalisten waren begeistert bei jedem Event dabei.
Schon klar, dass diese jetzt die Apple-Watch gleichsetzen mit Smartwatch und Fitnessband. So wie es Tempo geschafft hat für Taschentücher zu stehen und Pampers für Windeln. Und weil der Leser das vielleicht noch nicht verstanden hat, werden die Artikel fleißig mit Bildern der Apple-Watch versehen.
Ach, nur mal so nebenbei: Das günstigste Modell kostet 399 Euro, wogegen eine vergleichbare Nike SportWatch GPS mit Sensor schon für 169 Euro zu haben ist. Und nein, wir waren noch nie auf einem Nike-Event.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht
Jan van Aken gegen Aufrüstungspolitik
„Die Position der Linken ändert sich nicht“
Kopftuchstreit in Spanien
Glaube und Feminismus
EU-Antwort auf Putin und Trump
Zu wenig und zu spät
Sondierungen zwischen Union und SPD
Grenze für Grenzschließungen
Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl
Wählen geht, wer Geld hat