Krampnitz-Affäre in Brandenburg: Speers Schatten rumort weiter
Der Brandenburger Landesrechnungshof wirft Exminister Rainer Speer schwere Fehler beim Verkauf des Kasernengeländes vor. SPD und Linke jetzt auch für Aufklärung. Platzeck unter Druck.
Wenigstens über eine Nachricht konnten sich die Abgeordneten des Haushaltskontrollausschusses am Dienstag im Brandenburger Landtag amüsieren. Der Investor der Krampnitz-Kaserne, die TG Potsdam, hat angekündigt, das Kasernengelände ab 2011 sanieren zu wollen. Tolle Energiesparhäuser am See sollen entstehen. "Diese Anlage wird ein Traum", freute sich Andreas Zimmer, Projektleiter des Unternehmens.
Eher wie ein AlBtraum - insbesondere für die SPD-Fraktion - dürfte den Parlamentariern ansonsten die Sitzung am Dienstag vorgekommen sein. In der sogenannten Krampnitz-Affäre um den Verkauf des einstigen Militärgeländes in Potsdam hielt der Präsident des Landesrechnungshofes, Thomas Apelt, in seinem Prüfbericht dem früheren SPD-Finanzminister Rainer Speer schwere Fehler vor. Dies erfuhr die taz am Rande der nicht öffentlichen Sitzung in Potsdam.
Dem Speer-Ministerium werden in der Affäre "deutliche Versäumnisse" angelastet, so der Tenor in dem vorab teilweise bekannt gewordenen Bericht. Das Gleiche gelte für die Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) als Geschäftsbesorgerin. SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck selbst steht damit weiter in der Kritik, hatte der doch behauptet, dem Land sei kein finanzieller Schaden beim 4,1 Millionen Euro billigen Verkauf des Krampnitz-Geländes entstanden. Das Gegenteil sei der Fall, urteilt das Rechnungshofpapier.
2007 hatte Brandenburg das 110 Hektar große Areal veräußert. Abgewickelt wurde der 4,1-Millionen-Deal von Speers Finanzministerium und der BBG an Tochterfirmen der TG Potsdam. In die Kritik geraten war der Verkauf, als herauskam, dass der Wert des Grundstücks wohl deutlich höher lag als der Verkaufspreis. Hinzu kam, dass der Landtag sich von Speer über die Verkaufsmodalitäten irreführend informiert fühlte.
2010 forderten die Oppositionsparteien CDU, FDP und Grüne die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Speer geriet so unter Druck, dass er im September infolge des Deals und privater Probleme als Minister zurücktrat.
Besonders knöpft sich der Apelt-Bericht die mangelhafte Sorgfaltspflicht der Speer-Behörde vor. So bestünden "erhebliche Zweifel, dass bei der Veräußerung der Liegenschaft die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hinreichend beachtet wurden". Bei dem Verkauf sei zugleich die Bonität des Investors zu wenig geprüft worden. Schließlich habe es erhebliche Abweichungen vom Musterkaufvertrag gegeben, die sich zu "zu Ungunsten des Landes" ausgewirkt hätten.
Die obersten Rechnungsprüfer Brandenburgs kritisierten außerdem, dass die Kontrollrechte des Landes gegenüber der BBG nur unzureichend wahrgenommen worden seien. Dies sei umso unverständlicher, weil "Darstellungen der BBG offensichtlich widersprüchlich und lückenhaft waren". So wären wohl Vertragsklauseln einfach verändert worden, zudem hätten vergleichbare Verkehrswertgutachten viel höhere Ertragsmöglichkeiten des Krampnitz-Geländes ermittelt. Ein Gutachter soll sogar 25 Millionen Euro als Preis genannt haben. Exfinanzminister Speer hatte dagegen immer vorgebracht, dass in der Ausschreibung niemand mehr geboten habe als die letztendlich vereinbarten 4,1 Millionen Euro.
Vor der turbulenten Sitzung am Dienstag, die erst öffentlich abgehalten werden sollte, dann aber geheim stattfand, forderten auch Mitglieder der rot-roten Regierungsfraktion weitere Aufklärung ein. Es sei beim Krampnitz-Verkauf offensichtlich nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Kompetenz gearbeitet worden, sagte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Holzschuher. Anhaltspunkte für Korruption oder Vetternwirtschaft - was Speer auch vorgeworfen wurde - ließen sich dem Bericht aber nicht entnehmen.
Die Opposition sieht sich in der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss bestätigt, sagten Sprecher der CDU und der Grünen. Der Ausschuss trifft sich am Freitag zu seiner konstituierenden Sitzung.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
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