Kraftstoff vom Acker: Es fehlt an zertifiziertem Raps

Längst ist beschlossen: Sprit aus Energiepflanzen soll nachhaltiger hergestellt werden. Doch trotz Übergangsfristen klagt die Branche über Zeitdruck.

Soll nachhaltiger zu Sprit verarbeitet werden: Raps auf einem Feld nahe dem Nord-Ostsee-Kanal bei Bovenau. Bild: ap

BERLIN taz | Ab Januar soll noch mehr Pflanzensprit als bisher an den deutschen Tankstellen verkauft werden. In der vergangenen Woche beschloss die Bundesregierung, dass Benzin künftig nicht mehr fünf, sondern zehn Prozent Kraftstoff vom Acker beigemischt werden muss. Dabei kämpfte die Branche schon vorher mit diesem Datum.

Ebenfalls am 1. Januar ist nämlich die Übergangsfrist für die Nachhaltigkeitsverordnung für Biokraftstoffe vorbei, die bereits im September 2009 erlassen wurde. Dann dürfen die Hersteller nur noch als nachhaltig zertifizierte Pflanzen zu Agrodiesel und -benzin verarbeiten und beimischen. Außerdem müssen die Kraftstoffe 35 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als fossiler Sprit.

Doch schon wieder warnen die Hersteller, auch der verschobene Termin sei zu knapp. "Problematisch ist es vor allem für Unternehmen, die ihre Pflanzenöle aus dem Ausland beziehen", sagt Frank Brühning vom Biokraftstoffverband. Die Nachhaltigkeitsbescheinigung bekommen nur Getreide, Ölpflanzen oder Zuckerrohr von Feldern oder Plantagen, für die keine Urwälder gerodet, keine Moore trockengelegt oder artenreiche Biotope zerstört wurden.

Der größte Engpass besteht bei zertifiziertem Raps aus dem europäischen Ausland. Derzeit sei zertifiziertes Rapsöl aus Frankreich gar nicht und nachhaltiges Sojaöl schwer zu bekommen, sagt Ralf Schmidt von der Rheinische Bio Ester in Neuss. Er schlägt vor, den Unternehmen auf europäischer Ebene mehr Zeit zu verschaffen. Überhaupt sei Deutschland das einzige Land, das die EU-Nachhaltigkeitsverordnung so penibel umsetze. "Viele andere Länder gehen andere Wege", sagt Schmidt: "Es ist schwierig, dass es keine europäische Marschrichtung gibt."

Die Bundesregierung hält zwar grundsätzlich an dem Stichtag fest, heißt es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. "Weitere mögliche Vereinfachungen in der praktischen Umsetzung" würden aber geprüft. Nach Aussagen der Zertifizierungssysteme könnten zum Jahresende 70 bis 80 Prozent der Rapsernte zertifiziert werden. "Andere Wirtschaftsbeteiligte sehen dies nicht so optimistisch", so ein Sprecher.

"Es würde mich nicht wundern, wenn das Datum wieder verschoben wird", sagt Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung. Wichtiger, als das Datum einzuhalten, sei aber, die Regeln zu verändern. Sonst werde künftig "das Beste verbrannt und der Schund gegessen". Schon jetzt landeten 95 Prozent des Palmöls in Schokoriegeln, Pizza oder Waschmitteln, nur fünf Prozent würden zur Energiegewinnung genutzt.

Experten wie Maier befürchten, dass die Nachhaltigkeitsverordnung nur für Biokraftstoffe dazu führt, dass ökologisch unproblematische Flächen für diese zertifiziert werden. Für den großen Rest erschließt man dann neue Plantagen - für die dann etwa in Indonesien Urwald gerodet wird. Solche "indirekten Landnutzungsänderungen" sind auch schon ins Visier Brüssels geraten. Gestern endete die Frist eines Konsultationsverfahrens: Die EU-Kommission hatte Stellungnahmen zu dem Problem eingefordert. Jetzt prüft sie, ob die Nachhaltigkeitsverordnung ergänzt werden muss.

"Weitere Schritte wären mehr Schutzgebiete und mehr Geld für den Urwaldschutz", sagt Greenpeace-Waldexpertin Corinna Hölzel. Letztlich brauche man jedoch ein Nachhaltigkeitssiegel für alle Agrarpodukte, die in der Europäischen Union gehandelt werden.

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